Müssen wir Angst haben vor anderen Religionen?
Zu diesem Thema hatte der Verein "Neue Impulse" e. v. aus Berlin am Donnerstagabend interessierte Bürger in das Lychener Alte Kino eingeladen. Angeregt und organisiert wurde die Veranstaltung vom evangelischen Pfarrer unseres Ortes, Herrn Gernot Fleischer.
Viele Interessierte waren gekommen und hatten den Kinosaal bis auf wenige freie Plätze gefüllt.
Wir hatten Gelegenheit mit einem Rabbiner, einer buddhistischen Nonne und Lehrerin, einem Imam, dem evangelischen Pfarrer und einem Religionskritiker zu sprechen. Moderiert wurde die Veranstaltung von einem Herrn des Vereins Neue Impulse".
Nachdem jeder Vertreter auf der Bühne kurz zu den Glaubensgrundsätzen seiner Religion gesprochen hatte, wurde vorgeschlagen, dass jeder sich zum dem Religionsvertreter setzen sollte, dessen Auffassungen ihn am meisten interessierte. Mir gefiel das anfangs nicht, weil ich lieber alle Meinungen und Beiträge im Forum hören wollte. Deshalb blieben wir an unserem Tisch erst einmal abwartend sitzen. Zu uns gesellten sich dann der Sprecher von "Neue Impulse" und der junge Mann im grünen Pullover, der eigentlich nicht als Religionskritiker bezeichnet werden wollte. In diesem Gespräch ging es hauptsächlich um die etablierten christlichen Hauptkirchen als Institutionen in Deutschland und deren Systemnähe bzw. auch Systemkritik. Lange verweilte das Gespräch bei der widersprüchlichen Rolle der Kirchen im faschistischen Deutschland. Wir kamen zu der Auffassung, dass die Kirchen als Institutionen sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart eher die politischen Systeme unterstützt als kritisch in Frage gestellt haben. Gerade in der heutigen Zeit wäre eine konsequent offene und anhaltende Kritik z. B. an Waffenexporten und imperialistischer Interventionspolitik ensprechend dem christilchem Ethos wünschenswert.
Sehr interessant für mich und sicherlich auch für andere verlief das Gespräch mit dem Rabbiner, einem Engländer, der bereits seit langem in Berlin lebt und sich zum liberalen Judentum bekennt.
Er wurde gleich zu Beginn gefragt, wie er die Militanz und Aggressivität der israelischen Siedler gegen die Araber in den Kibbuzen mit der Toleranz in Einklang bringt. Der Rabbiner wies auf das Recht der Siedler hin, sich gegen Angriffe der Araber zu wehren. Jeder Mensch habe das Recht, sich zu wehren, wenn es um seine Existenz geht. Den von Jesus geprägten Satz der Christen "Du sollst Deine Feinde lieben" würde er in seinen Ansichten nicht teilen. Im übrigen bekämen die Deutschen durch die offizielle Medienberichterstattung ein falsches Bild von Israel. In Israel herrsche eine ausgeprägte Demokratie, die als Staatsform älter ist als die der BRD. Und mit Blick auf die gegenwärtige Situation in Deutschland und Europa meinte er, in Isreal gäbe es auch einerseits die Auffassung "Gemeinsam und Miteinander mit allen" und andererseits die Auffassung "Alles Fremde muss raus". In jedem dieser Lager gäbe es berechtigte Auffassungen. Zur demokratischen politischen Streitkultur gehöre es, sich sachlich damit auseinander zu setzen, ohne zu Diffamieren und Andersdenkende an den Rand der Gesellschaft zu drängen. Das läge auch im Sinne von Toleranz.
Es sind dies hier nur einige wenige Gedanken und Auffassungen. Sicherlich gab es an diesem Abend noch viele andere Auffassungen.
Ein Teilnehmer hat nach meiner Meinung gute Abschlussworte gefunden, als er sinngemäß sagte:Hier, im ländlichen Raum, leben Christen unter Christen und schauen mit Argwohn auf Atheisten. Umgekehrt ist es genaus so und auch im Verhältnis zu anderen Religionen. Es ist an der Zeit, dass sich alle den anderen öffnen, sich besser kennenlernen und sich gegenseitig besser verstehen.
Es wurde mehrfach der Wunsch geäußert, solche Gesprächsrunden über Religionen und Weltauffassungen fortzusetzen.