Gedanken über das Geradeaus- und das Querdenken
Über diese Begriffe habe ich mir früher keine Gedanken gemacht. Ich kannte sie auch nicht. Erst seit etwa zwei Jahren werde ich mit ihnen durch die Medien und im täglichen Leben in Diskussionen mit Anderen konfrontiert.
Als die Querdenker-Bewegung Mitte März 2020 in Stuttgart auf die politische Bühne trat, erste Protestaktionen gegen die Corona-Einschränkungen organisierte und bald darauf in vielen Städten Deutschlands, beeindruckten mich diese Aktionen, weil zahlreiche Menschen die Unversehrtheit der Person und die Selbstbestimmung über die eigene Gesundheit durch staatlich diktierte Maßnahmen gefährdet sahen und die Teilnehmer gegen die Verletzung der im Grundgesetz verankerten Grundrechte protestierten. Die Bewegung gab sich selbst den Namen Querdenker als Ausdruck dafür, dass sie angeordnete Maßnahmen, die in das persönliche Leben des Menschen eingreifen, hinterfragt, das Für und Wider gegeneinander abwägt und nicht einfach so hinnimmt.
Die zahlreichen Aktionen, Proteste und Demonstrationen nahmen zunehmend den Charakter einer Massenbewegung an. Gegenreaktionen ließen nicht lange auf sich warten. So kann ich mich erinnern, dass im Fernsehen gezeigt wurde, wie in einigen Orten Demonstrationen organisiert wurden, deren Teilnehmer Transparente mit der Aufschrift „Geradeaus-Denken“ trugen. Selbst der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hatte zu seiner Zeit erklärt, die Menschen täten gut, nicht quer- sondern besser geradeaus zu denken. Eine äußerst fragwürdige Empfehlung für das Volk, denn als Politiker in verschiedenen hohen Ämtern hatte er sicherlich immer abgewogen und hinterfragt, bis er seine Entscheidungen getroffen hatte – also quer gedacht.
Neben Verboten von Protestaktionen begann eine Welle von Verunglimpfungen, Verleumdungen und Diskriminierungen in Funk, Fernsehen und Presse, um der Querdenker-Bewegung den Stempel der Staats- und Demokratiefeindlichkeit aufzudrücken. Damit aber nicht genug: Als Querdenker - oder in gesteigerter Form als Verschwörer - wird seitdem jeder abgestempelt, der an der offiziellen Medienberichterstattung und an der Staatsagenda Kritik übt.
Ich habe Querdenken von Anfang an für verantwortungsvolles Denken und richtig empfunden, zumal ich mich in meinem persönlichen Leben - wie sicherlich jeder - vor dem Treffen wichtiger Entscheidungen erst einmal selbst umfassend informiere, also quer denke, mir nichts von Anderen einreden lasse und nicht einfach tue, was der sagt, im Glauben, er würde es schon gut mit mir meinen.
Die Corona-Polemik beschäftigte mich zum ersten Mal im Januar/Februar 2020 auf dem Smartphon, als die Infektion in Wuhan ausgebrochen war. Ich weilte zu jener Zeit in Indonesien. Einige Monate später, schon zu Hause, kamen die ersten Berichte über das gleichzeitige Auftreten der Infektion in allen Teilen der Welt.
Meine erste Reaktion: So etwas hat es noch nie gegeben. Wie kann ein Virus zur gleichen Zeit präsent auf allen Erdteilen sein? Wie ich wusste, traten neue Influenza-Grippe-Wellen in der Vergangenheit zuerst auf der Südhalbkugel der Erde auf, danach in der kalten Jahreszeit auf der Nordhalbkugel. Die Impfstoffe wurden in bewährten Verfahren und mit Totmaterial aus der Südhälfte für die Nordhälfte angepasst. Die Covid-Impfstoffe dagegen für die neuen Corona-Varianten wurden sehr schnell als MNR-Impfstoffe massenweise von der Pharmaindustrie hergestellt, zu kurz getestet und in alle Welt geliefert. Von namhaften Medizinern und Wissenschaftlern als bedenklich und gefährlich eingeschätzt wurden sie nach weiterem Verlauf der Impfkampagnen auch als unzureichend wirksam kritisiert.
Einen offenen Dialog dazu mit Vertretern unterschiedlicher und auch gegensätzlicher Auffassungen gab es nie.
Seit Beginn der Pandemie-Verhängungen, Impfkampagnen, Lockdowns, Außerkraftsetzen von Grundrechten und Verboten für Ungeimpfte habe ich fast täglich Informationen der offiziellen Medien über mich ergehen lassen, hätte vielleicht aus Furcht und Verunsicherung unbedenklich alles getan, wozu die Bevölkerung angehalten worden war. Geist und Bauchgefühl aber rieten mich zur Vorsicht: Höre Dir auch andere, entgegengesetzte, kritische Meinungen an, denn es geht um Dich selbst, um Deine eigene Person, für die Du in erster Linie selbst verantwortlich bist.
Das habe ich getan und mache es auch heute noch so. Ich informiere mich also quer durch viele Medien, spreche mit Freunden und Bekannten über aktuelle Fragen, bilde mir mein eigenes Urteil und meinen eigenen Standpunkt.
Angesichts der weiteren jetzt hinzu gekommenen Probleme wie Inflation, Energiekrise, steigende Lebenshaltungskosten und Krieg möchte ich schon wissen, welche dafür die Ursachen sind und wie und wo diese zu suchen sind. Dafür schaue ich auch mal in die Vergangenheit zurück, um die Gegenwart zu verstehen, überdenke Freund- und Feindbilder und versuche zu verstehen, von welcher Ideologie die jeweilige Politik getragen wird. Dabei mache ich nichts anderes als quer zu denken, für mich die normalste Denkweise der Welt.
Ich bin davon überzeugt, dass sich das Querdenken seit Beginn der Menschheitsgeschichte für kreatives Handeln und als geistige Waffe zum Schutz der eigenen Existenz herausgebildet hat. Würden alle gleich denken und immer zu gleichen Lösungen kommen, gäbe es keinen Fortschritt und keine Demokratie.
Geradeausdenken im Sinne durch Propaganda vorgegebenem Gleichdenkens haben wir zu Zeiten der Diktatur des Proletariats in der DDR erlebt. Ich erinnere mich zum Beispiel an das schreckliche Politlied „Die Partei, die Partei, die hat immer Recht…“ Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften malten schwarz/weiß, propagierten Klassenfeind und Klassenfreund. Karl Eduard von Schnitzler malte im Schwarzen Kanal schwarz, die Aktuelle Kamera malte bei Planerfüllung weiß. Gleichdenken und Gleichschaltung der Gesellschaft haben damals u. a. zum Untergang der DDR geführt
Heute steht der Feind der westlichen Wertegesellschaft im Osten, der Freund im Westen. Wer dieses Schwarz/Weiß-Schema schlechthin einfach nicht mag, auseinandernimmt, überprüft, zu anderen Ergebnissen kommt und diese öffentlich verbreitet, wird von Mainstream-Medien als Querdenker und Feind der westlichen Wertegesellschaft abgestraft.
Nehmen hunderte oder gar tausende von Menschen an Protestaktionen gegen staatliche Maßnahmen teil, so werden sie generell als Querdenker oder Rechtsextreme abgestempelt, obwohl sie aus eigener Überzeugung für die Verteidigung demokratischer Werte auf die Straße gehen.
Das durch Politik und Medien heute negativ belegte Wort „Querdenker“ hat sich zur Diffamierung nicht konformistischer, gesellschaftskritischer Menschen und Gruppen in Agitation und Propaganda bestens bewährt und wird sicherlich in der nächsten Zeit wieder öfter zu hören sein – allerdings als propagandistisches Unwort, meine ich.
Das tut aber nichts zur Sache, denn quer denken gehört einfach zum selbstbewussten, aktiven Leben dazu.
Der große englische Philosoph und Jurist Sir Francis Bacon schrieb: „Wahrheit ist die Tochter der Zeit, nicht der Autorität“. Am Ende zeigt die Zeit immer, dass diejenigen recht hatten, die sich weigerten, auf Befehl geradeaus zu marschieren.
Übrigens: Der größte Querdenker in der Physik war vermutlich Albert Einstein.