Eine kleine Online-Stadtführung durch Lychen vor 1945, Teil I
Wir beginnen an der Stadtgärtnerei auf der rechten Seite vor der Fürstenberger Straße.
Richard Ambellan hatte die Gärtnerei am Stadtsee von der Stadt Lychen gepachtet. Am Straßenrand stand sein kleines Verkaufshaus. Hier ein Foto mit seiner Mutter. Hinter dem Pfeiler das Haus von Schornsteinfeger Neumann und danach das Wohnhaus von Uhrmacher Kirsten.
In der Fürstenberger Straße, eine der Lychener Geschäftsstraßen, hatte gleich links hinter den Restmauern des Fürstenberger Tors der Bauer Karl Krasemann sein Anwesen. Bleiben wir auf der linken Seite, so folgen mehrere kleine Geschäfte, wahrscheinlich auch die Schwanen-Drogerie Twardowski. Gut sichtbar auf dem Foto ist das Geschäft Rüdiger mit Wirtschaftswaren und Andenken. Es folgen kleinere Läden und die Druckerei Schumann& Nick, Herausgeber der „Lychener Zeitung“. An der Ecke zur Stabenstraße befand sich wahrscheinlich eine Bäckerei mit Café.
Wir kehren wieder zurück zu Ambellans Verkaufshaus, schauen auf das untere Foto und befinden uns dort auf der linken Seite. Gleich hinter dem Pfeiler gehen wir an dem Wohnhaus von Schornsteinfeger Neumann vorbei. Im folgenden Haus Nr. 13 wohnte Uhrmacher Kirsten, der Erfinder der Lychener „Pinne“, die Kaufmann Lindstädt 1904 als Patent „Heftzwecke“ anmeldete.
Haus Nr. 14 war Sitz der Schuhmacherfamilie Stolte seit dem 18. Jahrhundert bis 2002.
Ein Stückchen weiter hatte Friseur Breitzmann seinen Herrensalon. Danach folgte die Fleischerei Redlich. Im roten Backsteinhaus an der Ecke zur Vogelgesangstraße (vorn nur ein Stück zu sehen) hatte Schneidermeister Oldenburg Werkstatt und Geschäft.
Wir überqueren den Eingang zur Vogelgesangstraße und gelangen an das große Konfektionsgeschäft Henschel. Daneben lag die Bierkneipe „Zum Pankgrafen“. Es folgten die Bäckerei Utpott und das große Central-Hotel mit seinen hohen Bogenfenstern, erstes Haus am Platze. Auf dem unteren Bild mit drei hohen Bogenfenstern zu sehen.
Von der Ecke zum Marktplatz schauen wir zuerst zur rechten Seite mit dem großen Haus mit Erker und Turm. Erbaut als Postamt der Kaiserlichen Post war es für die Kleinstadt Lychen eine Nummer zu groß und wurde deshalb sehr bald an den Glasermeister Venske verkauft. Das nächste Postamt wurde daraufhin in der Bismark- heute Berliner Straße erbaut. Weiter am Markt der Bauernhof Brennicke und die Fleischerei Herold.
Jetzt blicken wir nach links hinüber zur Stabenstraße, sehen weiter unten das große rote Backsteingebäude der Stadtmühle. (kein historisches Foto zur Verfügung)
An der Straßenkreuzung mit der Darrstraße befand sich in einem Eckhaus das Lebensmittelgeschäft Bischoff Auf der linken Seite stand eine Metallwaren-Fabrik, ein Bau mit gelben Klinkersteinen, heute Heimatstube. Dann Wohnhäuser von Handwerkern und unten vor dem Mühlenbach das Gehöft des Bauern Plüschke.
Stabenstraße und Darrstraße sind mittelalterliche Straßenzüge. Nach den Großbränden in den Jahren 1684 und 1732 ließ Friedrich der Große (sein Ausspruch: „Putzt Lychen!“) das innerstädtische Straßensystem neu anlegen in der Form, wie wir es heute kennen. Im gleichen Zuge wurde 1947/48 das Rathaus im barocken Stil erbaut. Im Hintergrund das Hotel "Schwarzer Adler" mit seiner Giebelseite.
Blicken wir auf die Nordseite des Marktplatzes: An der Ecke zur Stabenstraße standen das Fachwerkhaus der Apotheke Spangenberg, in der Mitte das Haus des Malermeisters und Kunstmalers Erich Eisert mit Geschäft und das Hotel „Zu den Drei Kronen“.
Wir überqueren die Stargarder Straße von links nach rechts, schauen uns die Auslagen in den Schaufenstern des Uhrmachers Matil an der Ecke zum Strandberg an, laufen hinüber (heute wieder Ruine) zum Kaiser’s Kaffee-Geschäft (in der späteren Ruine war noch an einer Säule das Relief einer Kaffeekanne zu sehen) und kommen zum Geschäft der Fleischerei Kretschmer , beide im selben Haus der Kretschmers. Hinter dem Gebäude befand sich der Schlachthof. Weiter auf der rechten Seite des Marktplatzes ein Handwerksbetrieb (?), mehrere kleine Geschäfte, so ein Wollladen von Frau Frank und ein Schokoladen-Geschäft von Fräulein Hanelt. Unsere Blicke aber fallen sogleich auf das Café Eichmann mit eigener Konditorei. Dunkles Mobiliar und Kübelpalmen hatten den großen Innenraum geschmückt. Hier verkehrte gerne höheres Personal aus den Heilstätten.
Daneben das große Haus der Familie Wasmund mit Drogerie. Bevor Franz Wasmund das Haus 1908 gekauft hatte, befand sich dort vielleicht das Lychener Postamt mit Ausspanne auf dem Hinterhof für die Pferde der Postkutschen, denn auf dem Hof befanden sich noch zu jener Zeit Pferdeställe.
Neben Wasmunds führte Textil-Duckwitz sein Konfektionsgeschäft. In dem hohen Haus mit mehreren Etagen hatte sich das Hotel „Stadt Lychen“ etabliert Das folgende Geschäft im Eckhaus zur Hospitalstraße gehörte Uhrmacher Duckwitz.
Wir gehen nicht in die Hospitalstraße hinein und auch nicht zu St.-Johannes-Kirche hinüber. Dort fangen wir an, wenn wir später den 2. Teil der Stadtführung erleben.
Jetzt wechseln wir die Straßenseite und blicken vom Kirchplstz aus in Richtung Stargarder Tor ganz im Hintergrund: Im ersten Haus befand sich wahrscheinlich vor dem Krieg auch eine Gaststätte. Genau weiß ich es nicht. An der rechten Seite der Fassade führten ein paar Stufen hinauf zum Geschäft des Fleischermeisters Jarius.
Wir gehen ein Stückchen weiter und kommen an das Hotel Gerstenberg mit Gaststätte und Außenterrasse. Hier links befand sich der Eingang zum Kino mit Eintrittskarten-Verkauf.
Neben Gerstenberg als großes Eckhaus zum Markt stand der „Schwarze Adler“, Hotel mit Gaststätte, Tanzsaal und Außenterrasse, gebaut im schönen Fachwerkstil und mit roten Backsteinen. Der Tanzsaal erstreckte sich an der Seite zum Marktplatz. Dahinter standen mehrere Garagen.
Am Ende dieses 1. Teils des Stadtrundgangs gehen wir hinüber zum Rathaus. Hier, an seiner Südseite, lag die öffentliche Waage mit der Gewichtsanzeige im darüber liegenden Fenster des Rathauses. Auf den Holzbohlen haben zum Beispiel die Bauern ihre Kartoffelladungen auf Pferdefuhrwerken gewogen.
Im Rathaus befand sich das Büro des Stadt-Polizisten und im Keller ein Verwahrraum für Straftäter.
Wer möchte, kann jetzt im Café Eichmann mit mir eine Tasse Kaffee trinken und ein leckeres Stück Torte essen.
Lychen – Kleinstadt mit Stadtrecht seit 1248 – hatte vor 1945 10 Hotels, mehr als 40 Pensionen und zahlreiche private Zimmervermietungen.
Hier lebten und arbeiteten: 11 Schuhmacher, 8 Fleischer, 8 Bäcker, 11 Schneider, 11 Maler, 7 Tischler, 8 Friseure, 3 Sattler, 2 Stellmacher, 5 Schlosser/Kempner, 3 Uhrmacher, 3 Elektriker, 4 Automechaniker, 1 Korbmacher, 2 Ofensetzer, 1 Schornsteinfeger, 7 Gärtner, 3 Maurermeister mit Baubetrieben.
Teil 2 folgt demnächst.
Siehe auch: https://de.wikivoyage.org/wiki/Lychener_Pinnenpfad