Eine kleine Online-Stadtführung durch Lychen vor 1945, Teil III
Nach dem wohltuenden Käffchen bei Bäcker Mathes kehren wir zurück zum Templiner Tor, gehen ein Stückchen vor in Richtung Floßschleuse und überqueren dabei eine Holzbrücke, die über den Stadtgraben führt. Durch ihn floss Wasser vom Oberpfuhl- in den Stadtsee.
Auf der Stadtsee-Seite befand sich von 1817 bis 1904 ein Sägewerk. Über ein Wasserrad wurde das Sägegatter zum Holzschneiden angetrieben. In früheren Zeiten stand dort eine Walkmühle zur Aufarbeitung von Flachs zu Spinnfasern. Nach 1904 florierte hier das Geschäft der Gaststätte „Alte Mühle“.
Der Schäferpark wurde erst 1936 angelegt.
Wir laufen jetzt dicht an der Stadtmauer am Stadtgraben entlang und kommen in die Gartenstraße. Am Oberpfuhl-Ufer hatten die anliegenden Hausbesitzer der Lindenstrqße ihre Gärten. Im Mittelalter war das die Zickenstraße, denn hier standen die Buden. Deren Bewohner durften keine Kühe auf die Gemeindewiesen grasen lassen, sondern nur Ziegen (Zicken).
Am Ende der Gärten, dort wo der Strandberg vom Marktplatz zur Oberpfuhl-Promenade herunterführt, erwartet uns das Strandcafé. Damit wir uns das Ambiente besser vorstellen können, zitiere ich mal, was Lychener Senioren auf dem Historienstammtisch im Jahre 2004 über das Strandcafé erzählt haben:
„Das Strandcafé hatte eine gute Küche. Der Herd stand mitten im Raum. Man konnte um ihn herumtanzen. Eine Kugellampe drehte sich an der Decke. Das Licht ging an und aus. War ein beliebtes Tanzlokal der Jugend. Auch Schabernack wurde betrieben. Dem Trommler der Kapelle wurde zum Beispiel Pfeffer auf die Trommel gestreut. Wir haben Apfelsinen gelutscht, dass dem Trompeter der Speichel im Munde zusammenlief. Als Kapelle spielten dort meistens Berliner. Die Musik wurde von innen nach außen übertragen
Eigentümer war zuerst Hertel. Hat in den 20er Jahren Pleite gemacht. Danach war Sponholz aus Berlin der Inhaber bis zum Krieg.
Viele Treffen fanden dort statt, zum Beispiel auch der Automobil-Clubs. Hochzeiten wurden gefeiert, Fasching, japanisches Laternenfest u. a.
Vor der Seeterrasse, am Ufer des Oberpfuhls, stand ein Schwanenhaus. Im Winter wurde auf der Eisbahn Schlittschuh gelaufen.“
Wir spazieren auf der Promenade weiter und kommen zum Malerwinkel. Vor uns fließt der Mühlengraben. Er wurde im 14. Jahrhundert von Mönchen angelegt. Die Lychener Mühle war zu jener Zeit im Besitz des Klosters Himmelpfort. In dem alten Haus mit vorspringendem Obergeschoss an der Uferpromenade befand sich früher eine Leinenfärberei. Lychen hatte im Jahre 1801 20 Webstühle. Im Jahre1900 wurde der Letzte stillgelegt. Lychener Leinen hatte zu jener Zeit einen guten Ruf. Gefärbt wurde es meistens dunkelblau oder schwarz.
Wir gehen weiter und schauen zur Stadtmauer. !788/89 wurde den Bürgern erlaubt, die Stadtmauer für den Bau von Waschpforten zu durchbrechen. Die Stadtmauer hatte außerdem nicht mehr die Bedeutung für die Verteidigung wie in den Jahrhunderten zuvor.
Wir gelangen jetzt an ein Holzhaus, das 1902 für die Beschäftigten der Lychener Mühle vom damaligen Mühlenbesitzer Scherz erbaut wurde. Scherz hatte keine Probleme mit dem Material, denn sein Bruder war Sägewerkbesitzer. Als Holzhaus wurde es bis 1998 zu Wohnzwecken genutzt und dann abgerissen.
Gleich in der Nähe, im Oberpfuhlsee, stand Conrads Badeanstalt. Auch aus Holz gebaut mit Stegen konnten dort die Lychener Kinder schwimmen lernen.
Wir gehen dem Ende dieses Teil zu und halten vor dem Judenfriedhof an. Der Friedhof wurde 1938 von den Nazis geschändet und verwüstet. In Lychen lebten z. B. 1744 18 Juden. Sie lebten in Frieden und Eintracht mit ihren Mitbürgern zusammen bis zu den Verfolgungen in der Nazizeit. Auf dem Hügel des Friedhofs befindet sich heute ein Gedenkstein.
Am Stargarder Tor geht die dritte Runde zu Ende. Die vierte Runde beginnt hier am Stargarder Tor.