Filigrane Stahlerotik
Anlass für die Gestaltung dieser ästhetischen Plastik gab vor einiger Zeit ein kleines, knappes, schwarzes Kleidungsstück, das im Garten meines liebsten Weltbetrachters und Künstlers in einem Zierstrauch hing. Heftige Diskussionen entbrannten. Auf dem angrenzenden Grundstück steht nämlich ein renommiertes Hotel. "Da fand gestern abend ein feucht-fröhliches Klassentreffen statt", deutete der pfiffige Künstler sofort die Herkunft des Dessous an. Welche Größe hat das Ding? Welch' schöne Formen mag es nur spärlich bedeckt haben? Und weshalb ist es bis auf den Strauch gesegelt? Nach langem Hin und Her, vielem Für und Wider ließ sich der Surrealist und Gestalter abstrakter Formen auf ein neues Experiment ein. Er kreierte einen Po. Behutsam, wie man mit solch' einem Körperteil umgeht, schuf er die Rundungen aus Stahldrähten und setzte für alle diejenigen, die das eventuell als entartet erachten, ein Zitat von Karl Liebknecht darunter, der damit Partei für die Moderne ergriff.
"Alle diese Zotenriecher und Schmutzriecher sind es ganz gewiß nicht, die imstande wären, die Kunst in irgendeiner Weise würdig zu beurteilen (>Ah< im Zentrum). Das sind Rückständigkeiten kulturwidriger Art, wenn man der Kunst nicht auf dem Gebiete, das Sie (zum Zentrum) am liebsten aus der Kunst ausschließen möchten, auf dem Gebiete der Erotik eine gewisse Bewegungsfreiheit geben will (Rufe: >Ah!<. Unruhe im Zentrum und rechts). Damit würde die Kunst in ihrem eigensten Lebensnerv unterbunden sein."
Karl Liebknecht im preußischen Abgeordnetenhaus am 28. 4. 1910
Mehr kann man vom Künstler doch nicht erwarten. Oder?