Der betrogene Sparverein
Im Jahre 1878 wurde in Lychen eine Spar- und Darlehenskasse nach dem System "Schulze - Delitsch" ins Leben gerufen. Der Vorsitzende war ein gewisser Dannenberg (damaliger Mühlenbesitzer. Anmerk.: J. H.), Prüfer Kantor Zierach.
Dieses Unternehmen war von vornherein als Schwindelunternehmen anzusprechen. So hatte man goldene 20-Markstücke nur an die Enden des eingerollten Geldes gelegt. Das sollte den Anschein erwecken, die ganze Rolle seinen 20-Markstücke. Das war aber nicht der Fall. In die Mitte hatte man kupferne 2-Pfennigstücke gelegt, welche dieselbe Größe hatten wie die 20-Markstücke.
Der Kasse gehörten sehr viele Lychener, insbesondere Ackerbürger, Gewerbetreibende und Kleinsparer an, die glaubten, ihre Spargroschen sicher angelegt zu haben. Da dieses Unternehmen auf "Gegenseitigkeit" aufgebaut war, hafteten im Falle eines Kraches der Kasse die Mitglieder mit ihrem Vermögen für die ordnungsgemäße Abwicklung des Unternehmens.
Während der Vorsitzende Dannenberg u. a. in Saus und Braus lebten, konnte es nicht lange dauern, daß dieses Unternehmen "zu Bruch" ging. So kam es dann auch, daß der Gerichtsvollzieher Dräger ausgerechnet am heiligen Abend des Jahres 1882 bei den Mitgliedern erschien, um zum Teil erhebliche Summen zu pfänden, ob mit Erfolg, ist nicht bekannt.
Die Pfändungen machten viele gut dastehende Ackerbürger bettelarm - eine Kuh nach der anderen wurde abgeholt - und auch die kleinen Sparer (Tagelöhner) sahen nie etwas von ihren Spargroschen wieder!-
Verflucht haben sie den Dannenberg und immer erklärt, Stubenrauchs - jetzt Kleineidam - Gehöft ist unser Geld!
Der alte Samuel Haberland, Wuppgarten, sagte: "Wie hem'm blos dat Geld verlor'n!" Und immer wieder kam der Gerichtsvollzieher.-
Um endlich Ruhe zu haben, begab sich eine Delegation mit sämtlichen Unterlagen zu Fuß nach Berlin zum Kaiser Wilhelm I. Die Delegation wurde auch in Audienz vom Kaiser empfangen und Hilfe zugesagt. Das geschah nun sehr bald, und der Fall war begraben!
Am Morgen, als die Nachricht von der Beilegung des Falles bekannt wurde, begab sich die Stadtkapelle unter der Leitung ihres bewährten Dirigenten Hermann Müller auf den Marktplatz und spielte das Lied "Nun danket alle Gott"!
(Aus der Chronik des Lychener Heimatdichters Gustav Metscher)