Der Königsstein
"Der Königsstein" ist eine der vielen lustigen Anekdoten, die ab und an auf dem "Lychener Historienstammtisch" erzählt werden. Die Versionen sind bisweilen unterschiedlich. Der eine stellt die Geschichte so dar, der andere wieder anders. Dies ist die "Königsstein-Anekdote", wie sie unser Ortschronist Eberhard Kaulich aufgeschrieben hat.
Feldsteine spielten in Lychen schon immer eine große Rolle. Die Generationen aus der Stadtgründerzeit bauten mächtige Stadttore und eine Stadtmauer aus Feldsteinen zur Abwehr ihrer Gegner. Lychener der jüngeren Geschichte nutzten sie anders, manchmal aber ebenfalls zur Abwehr.
In der ersten Hälfte der DDR-Zeit war die Maschinenausleihstation (MAS) einer der größten Arbeitgeber in der Stadt. Dort arbeitete sehr tatkräftig der Oberbuchhalter Collin. Weil es in Lychen viele Collins gibt, trug dieser den Spitznamen "Tschako".
In jenen Zeiten der Mangelwirtschaft hatte sich die MAS einen neuen LKW der Marke H3A angeschafft. Diesen nagelneuen LKW durfte der Fahrer König lenken. Das Fahrzeug war erst wenige Tage im Dienst, da kollodierte der Pechvogel König mit dem LKW beim Abbiegen von der Feldberger Chaussee in Richtung Rutenberg mit einem großen Feldstein, der bei Arbeiten auf dem Feld ans Tageslicht gefördert und wie üblich am Feldrand abgelegt worden war.
Ein kleiner Schaden, aber ein herrliches Gesprächsthema im Betrieb.
Kurz nach diesem Ereignis musste Tschako zur Inventarisierung in die Außenstelle der MAS, nach Stabeshorst fahren. Dazu brauchte er auch ein Töpfchen mit roter Farbe.. Auf der Rückfahrt ließ er den Fahrer des Pkws am Havariestein halten, nahm sein Farbtöpfchen und malte auf den Feldstein in schön geschwungener Schrift "Königsstein". Der kleine Schabernack sorgte für viel Gesprächsstoff in Lychen.
Der Pechvogel und Unglücksfahrer König fand das allerdings nicht komisch und wollte den Oberbuchhalter Tschako vor Gericht zerren. Tschako versuchte, das zu verhindern und fragte den Eigentümer des Feldes, die LPG Beenz, ob er, wenn er Eigentümer des Steines wäre, alles mit diesem machen könnte. Der LPG-Vorsitzende sagte "ja", und Tschako kaufte die Parzelle von einem Quadratmeter, auf der der Stein lag, mit dem Granit für eine DDR-Mark.
Es kam zu keinem Gerichtsverfahren. Mit ähnlichen Abwehrhandlungen könnte heutzutage die Überbelastung der Gerichte vermieden werden.
Wo aber nun der "Königsstein" abgeblieben ist, weiß keiner so recht. Siehe dazu auch das Gedicht "Der Granit " .