Die pensionierte Bahnhofsuhr
Die alte Bahnhofsuhr hat Glück gehabt. Wohlaufgehoben in trauter Gemeinschaft mit schneebedeckten Tannen schaut sie zufrieden aus wie ein pensionierter Bahnbeamter. Liebevoll gepflegt und gewartet vom Sammler, hat sie einen stillen Platz vor seinem Häuschen am Lychener Stadsee gefunden. Dem Spaziergänger zeigt sie die Nachmittagsstunde, 15.00 Uhr an. Ob sie wirklich noch richtig tickt? Wer weiß?
Wo mag sie einst gestanden haben? Vielleicht auf einem turbulenten Bahnhof in den besten Zeiten der Eisenbahngeschichte. Oder an einer kleinen Dorfstation auf einer Nebenstrecke. Sicherlich hat sie den Reisenden die Zeit immer genau auf die Minute angezeigt. Über ihre heutigen im Dienst stehenden Kollegen würde sie wohl nur ein wehleidiges Lächeln übrig haben, wenn diese falsch gehen oder sogar still stehen.
Wer weiß, wie jetzt ihr früherer Bahnsteig aussieht und das Bahnhofsgebäude aus der Pionierzeit der Eisenbahn? Vielleicht wäre sie sehr traurig, wenn sie mit ansehen müsste, wie der schöne gelbe Ziegelbau von Jahr zu Jahr mehr verfällt. Aber hier, an der Kienofenpromenade richtet sie ihren Blick auf den hoch mit Sträuchern und Bäumen bewachsenen Bahndamm und träumt vielleicht, wenn im Sommer ab und an einmal eine Draisine mit Touristen vorüberrattert, es wäre ein voll besetzter Personenzug. Die alte Bahnhofsuhr ist eine Traumuhr.