Die Rache des Küstrinsees
Im Boitzenburger Herrschaftsbereich regierte einst ein Amtmann, der wegen seiner Willkür und seiner Gewalttätigkeiten bekannt und gefürchtet war. Wohl mag es zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges gewesen sein, als er auf Raubzügen und bei Plünderungen jede menschliche Regung verloren hatte. Seine Trinkgelage waren berüchtigt. Wein floss in Strömen, und auftischen ließ er nur vom Feinsten und Besten.
Als er wieder einmal ein rauschendes Fest mit seinen Kumpanen feiern wollte, befahl er den Fischern vom Küstrinsee - am heutigen Dorf Küstrinchen in der Nähe von Lychen gelegen - jede Menge Herrenfische zu fangen und sie auf das Schloss zu bringen.
So sehr sich die Fischer mit Angeln, Reusen und Netzen auch mühten, sie fingen keinen einzigen Fisch. Aufbrausend und voller Wut, rief der Amtmann die Fischer zum Rapport. Der Fischermeister nahm das Wort und berichtete ihm, der Wassermann im Küstrinsee hätte ihm gesagt, solange der Amtmann hier herrsche, werde er dafür sorgen, dass der See keinen Fisch mehr preisgibt.
Der Amtmann ließ den Fischermeister wegen dessen kühne Worte ins Verließ werfen. Dann ordnete er einen weiteren Fischzug in noch größerem Ausmaße an. Aber wiederum ging kein Fisch in die Netze.
Außer sich vor Wut, befahl er den Fischerknechten, den See solange mit Stangen zu peitschen, bis er wieder Fische gäbe. Und weil ihm das nicht genug war, nahm er selbst eine schwere Eisenkette und schlug auf den See ein, bis die Wellen hochschlugen und das Wasser schäumte.
Als der Amtmann glaubte, den See genug geprügelt zu haben, wollte er sich die von der rostigen Kette schmutzig gewordenen Hände waschen. Seine Diener liefen mit einem Krug zum See und füllten ihn mit Wasser. Als sie ihn aber über die Hände ihres Herrn ausschütten wollten, fiel kein Tropfen aus dem Krug.
Wieder schwoll der Amtmann vor Wut an, warf den Krug dem Diener an den Kopf und lief selbst zum See, um sich die Hände zu waschen. Da wich auf einmal das Wasser vor ihm zurück. Er lief dem schwindendem Wasser nach, das sich vor ihm zu einer hohen Wand aufstaute. Als das Wasser nun weit sein Haupt überragte, stürzte es plötzlich über ihn zusammen und verschlang ihn.
Nie wurde er wieder gefunden, weder tot noch lebendig. Der Küstrinsee hatte der Gewaltherrschaft des Amtmanns ein Ende gesetzt, und von Stund' an gab er wieder reichlich Fische.
( Nach einer Erzählung von Max Lobedan)
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