Eine kleine Dusche

Veröffentlicht auf von anais

Stammtischglocke-002.jpgAls Jungen der 11. und 12. Klasse wohnten wir an der erweiterten Oberschule in Templin im Internat. Das war ein Fertigteileflachbau mit leichten, pappartigen Wänden. Deshalb nannten wir es auch "Pappkarton". Es befand sich etwas abseits vom Schulgebäude im Hintergrund in der Nähe des Sportplatzes. Es gab nur ein Mädchenzimmer. Alle anderen Räume - Vier-Mann-Zimmer - waren uns Burschen vorbehalten. Am Eingang lag das Büro der Heimleiterin. Um nächtliche Vorkommnisse zu vermeiden, wurde eines schönen Tages der Nachtwächterdienst eingerichtet. Zuerst "hütete" ein kleiner, alter Mann das Haus zur nächtlichen Stunde. Weil er einige Nächte volltrunken im Klubraum schlief und morgens unsanft von der Heimleiterin geweckt wurde, musste er Hut und Flasche nehmen und von dannen ziehen. Zu unserer Überraschung wurde uns darauf eine Nachtwächterin beschert. Eine korpulente, resolute Frau, die mich einmal in das Dienstzimmer nahm, um mir ihre abenteuerlichen Geschichten aus New York zu erzählen. Dorthin war sie als junges Mädchen mit ihrem Vater wegen einer Erbschaft gereist. Vati übte sich an diesem geeigneten Ort in sexueller Aufklärung und führte seine Tocher in die einschlägigen Bordelle - wahrscheinlich als Abschreckung für das junge Ding. Mit Vater, so erzählte sie, übte sie sich in den USA auch im Pistolenschießen. Na ja! Wir haben darüber unsere Witze gemacht und mochten das alte Pistolenweib nicht so sehr. Mit Beginn der Nachtruhe um 22.00 Uhr, nach ihrem Rundgang, wenn uns die Luft rein erschien, schalteten wir Radio Luxemburg oder den Soldatensender ein, um die neuesten Schlager aus dem Westen zu hören. Das war ja eigentlich im Internat verboten. Deshalb schlich unsere Nachtwächterin nach einer Weile noch einmal den Flur entlang, um uns beim Musikhören zu ertappen. Da riss sie plötzlich die Tür auf und wetterte: "Macht sofort das Radio aus!" Das ärgerte uns mächtig. Nun standen die Türfüllungen bei den dünnen Pappwänden in den Zimmern etwas vor, und oben befand sich deshalb ein breiter Rand. So kamen wir auf die Idee, nach 22.00 Uhr einen Zahnputzbecher mit kaltem Wasser auf den Sims zu stellen, verbunden mit einer Strippe, die innen am Türflügel befestigt war. Wir hatten wieder mal richtig Glück. Es klappte! Unser Pistolenweib riss die Tür auf, und der volle Becher kippte über sie aus. Wir lachten in den Betten. Am anderen Morgen erhielten wir von der Heimleiterin eine freundschaftliche Ermahnung, so etwas nie wieder zu tun. Das brauchten wir auch nicht, denn die Nachtwächterin kündigte, weil wir aus unserem Zimmer nicht die einzigen waren, die sie ärgerten. Von da ab waren wir nachts ohne Aufsicht. Und das war gut so. Es ist nichts ist passiert.

P.S.: Bei allem Lachen bitte nicht vergessen und mitmachen:Gerechtigkeit für Junichi und Toru!

 

Veröffentlicht in Lychener Stammtisch-Geschichten

Um über die neuesten Artikel informiert zu werden, abonnieren:
Kommentiere diesen Post
K
<br /> <br /> Da wird man wieder jung wenn man solche Geschichten liest. Etwas Ähnliches haben wir in unserer Jugend auch angestellt. Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende!<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße, Katharina<br /> <br /> <br /> <br />
Antworten
A
<br /> <br /> Hallo Katharina! Zu solchen kleinen Streichen waren wir immer aufgelegt. Wir hatten auch eine gute Heimleiterin, die uns so etwas nicht übel genommen hat. Vielen Dank für die<br /> Wochenendgrüße!<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße<br /> <br /> <br /> Joachim<br /> <br /> <br /> <br />