Gespenstergeschichten
Zwei alte Lychener Bürger waren an einem schönen Sommerabend spazieren gegangen. Als sie heimkamen, schien der Mond so prächtig, dass sie sich nicht entschließen konnten, in ihre Wohnung zu gehen, sondern sie setzten sich auf dem alten Friedhof auf einen Grabhügel und gaben sich ganz der Stimmung der "mondbeglänzten Zaubernacht" hin.
Zwei Schiffer, die ihre Kähne hinter dem Friedhof zu stehen hatten, waren an Land gegangen und kamen zur selben Zeit über den Friedhof. Als sie im ungewissen Mondlicht die beiden Gestalten auf dem Grabhügel sahen, erschraken sie und eilten auf ihren Kahn. Der eine holte sein Gewehr, rannte zum Friedhof und brüllte: "Gespenst, geh' weg, oder ich schieße!"
So rau aus ihrem Sinnen gerissen, machten sich die beiden Nachtwandler aus dem Staube und verschwanden schleunigst.
Ein alter Totengräber hatte beim Ausheben eines Grabes Skelettreste gefunden. Als er auf den Totenschädel stieß, der ein tadelloses Gebiss hatte, sagte er: "Du hast so gute Zähne! Du könntest mir wohl mein Abendbrot kauen?" Das hörten zwei junge Burschen, und sie beschlossen, dem Totengräber einen Streich zu spielen. Als er beim Abendbrot saß, klopfte es ans Fenster. Er stand auf, öffnete und fragte, wer da wäre. Da erschien der Totenkopf vor seinen entsetzten Augen, und eine dunkle Stimme sprach: "Du hast doch gesagt, ich soll Dir Dein Abendbrot kauen. Da bin ich nun!"
(Frei nach Ernst Carsted).