Grenzwanderung am Rande der Uckermark. II. Teil.
Die Nachmittagssonne scheint durch das herbstlich gelb gefärbte Laub auf die sandige Waldstraße. Über Schlaglöcher, Huckel und Steine fahre ich 6 Kilometer nicht gerade bequem nach Dabelow, nur ein Pkw kommt mir entgegen. In dem ziemlich großen Dorf halte ich vor der Fachwerkkirche und freue mich über die guten Lichtverhältnisse. Als ich aber an die Klinke der Pforte fasse, sehe ich zu meiner Enttäuschung, dass sie verschlossen ist. Zum Glück hängt an der Informationstafel der Hinweis, wer den Schlüssel im Dorf verwahrt. So mache ich erst einmal ein Bild von der Kirche.
Nun ist Dabelow aber eine jüngere Gründung aus dem 18. Jahrhundert und kein typisches Straßendorf, und so laufe ich durch mehrere Straßen, bis ich die Schlüsselverwahrer finde. Eine ältere Dame öffnet mir und sagt: "Warten Sie einen Augenblick. Der Glöckner begleitet Sie persönlich zur Kirche." Dann führt mich ein junger Mann - wir wechseln nicht allzu viele Worte - zur Pforte. "Darf ich den Turm besteigen," frage ich ihn. Er meint, nur auf eigene Verantwortung, denn die Stufen seien nicht mehr ganz in Ordnung. Gemeinsam steigen wir die steilen Holztreppen nach oben zur Glocke, die er mir mit Stolz zeigt. Ich möchte so gerne ein Panoramafoto aus den Turmfenstern schießen. Das geht allerdings nicht, denn Fenster liegen zu hoch und sind aus Milchglas. So begnüge ich mich mit einem Bild von der Glocke.
Als ich die Aufnahme vom Inneren der Kirche machen möchte, frage ich ihn, ob ich ihn nicht mitfotografieren darf. Er lehnt aber mit der Bemerkung ab, er sei für so etwas nicht. Geduldig wartet er etwas abseits, bis ich mir ein paar Informationen über den Erbauer notiert habe. So kann ich Näheres über das interessante Bauwerk erfahren.
Entworfen wurde sie vom Schinkel-Schüler Friedrich Wilhelm Buttel. Sie wurde im Jahre 1855 errichtet. Buttel war Architekt im Großherzugtum Mecklenburg-Strelitz. Er schuf seinen eigenen regional geprägten klassizistischen Baustil mit neugotischen Elementen. Ebenso von ihm stammen z. B. die Stadtkirche in Fürstenberg/Havel und die Neustrelitzer Schlosskirche. Buttel, ein brillianter Architekt seiner Zeit, erlitt im Alter schwere Schicksalsschläge in der Familie. Der Großherzog verweigerte ihm bis zuletzt die Pensionierung, Überarbeitet und verzweifelt nahm er sich - 73jährig - im November 1869 das Leben.
Die klassizistische Fachwerkkirche wurde 1997 saniert und sieht deshalb trotz ihres Alters jung und frisch aus. Sie ist wohl in unserer näheren Umgebung einmalig in ihrem Stil und ihrer Schönheit.
Der junge Glöckner verschließt die Pforte. Wir verabschieden uns mit netten Worten. Ich setze meine Erkundungen im nächsten hübschen Dörfchen auf einem Hügel - Wokuhl - fort. Über meine Erlebnisse werde ich morgen im III. Teil berichten.