"Katharina, sag' Du es!"
Ich muss unbedingt diese kleine Episode erzählen, sonst wäre mein Konfirmandenleben nicht komplett. Als ich diesen Streich auf dem Stammtisch zum Besten gab, lachten einige Teilnehmer. Andere schüttelten den Kopf - je nach Einstellung zur Sache.
Also das geschah so:
Wir jungen Burschen lernten für die Konfirmandenstunde meistens kurz vorher vor dem Pfarrhaus auf dem Kirchplatz. Dort warteten wir bis zum Beginn und schauten derweil in Bibel und Gesangbuch. Natürlich war das nicht ausreichend. Und so ermahnte uns Pfarrer Noak immer wieder, es mit dem Lernen und Glauben doch ernster zu nehmen. Aber seine Ermahnungen hatten nicht den gewünschten Erfolg. So verkündete er uns eines Nachmittags, wir würden mangels ausreichender Kenntnisse und Wissens zusätzlich Religionsunterricht bei seiner Frau erhalten, gleich anschließend an den Konfirmandenunterricht. Das passte uns ja nun in den Sommermonaten gerade nicht so. Die erste Religionsstunde bei Frau Noak rückte heran. Und was tat sie Besonderes, um unseren Lerneifer anzustacheln? Sie setzte ihre älteste Tochter vor uns auf einen Stuhl. Freundlich begann sie, unser Wissen zu prüfen. Wieder versagte der eine oder andere bei der richtigen Antwort. So richtete sie ihren Blick auf ihre Tochter und sprach zu ihr: "Katharina, sag' Du es!" Wie aus der Pistole geschossen, gab Katharina die richtige Antwort. Das ärgerte uns ja mächtig. Und so griffen wir die Idee - "wie aus der Pistole geschossen" - auf. In jener Zeit, die 1957/58er Jahre, waren gerade in der DDR die Wasserpistolen in Mode gekommen. Jeder von uns hatte eine solche "Waffe". Einer kam auf die Idee, diese ordentlich zu füllen, zum Religionsunterricht mitzunehmen und im richtigen Moment in Einsatz zu bringen. So nahte also der Moment, als die Pfarrersfrau wiederum ihre Tochter aufforderte: "Katharina, sag Du es!" Dabei schaute sie auf ihre Tochter und nicht auf uns. Blitzartig zogen wir unsere Wasserpistolen uns spritzen Katharina ins Gesicht. Das Mädchen fing an, jämmerlich zu heulen. Frau Noak war fassungslos. Sie beherrschte sich aber und trocknete ihrer Tochter das Gesicht. Damit war die Unterrichtsstunde beendet. Schnell entleerten wir noch das restliche Wasser aus den Pistolen unter dem Stuhl des Bravsten, aber auch Einfältigsten von uns.
Der Religionsunterricht mit Katharina fand nie mehr statt.