Omelett mit Judasohren
Frühlingshafte Temperaturen lockten mich dieser Tage hinaus in die freie Natur. Ich habe mir das Fahrrad geschnappt und bin zu einem Feldweg gefahren, der nach Marienheim, nordöstlich von Lychen, führt. Ich wollte mir dort die uralten Robinien anschauen, die den Sandweg zu beiden Seiten säumen.
Natürlich hegte ich wieder eine besondere Absicht. Weil der Samtfußrübling, ein Winterpilz, gerne auf altem Robinienholz gedeiht, wollte ich einmal an dieser Stelle nach ihm suchen. Der Weg war schlecht passierbar, weil Schmelz- und Regenwasser tiefe Rinnen durch Sand und Steine gefurcht haben. Also musste ich das Rad über lange Strecken schieben. An den ersten Robinien angekommen, sah ich unterhalb der Bäume viele abgesägte Äste und Gesträuch aus den Vorjahren liegen - eigentlich ideales Biotop für den Samtfußrübling. Ihn fand ich allerdings nicht. Dafür aber wuchsen aus dem Geäst Judasohren hervor. Es waren genug, um sie mit nach Hause zu nehmen.
Immer wieder habe ich mir vorgestellt, wie der Judas wohl ausgesehen haben könnte. Und so kam mir die Idee, sein Anlitz künstlerisch-kulinarisch zu gestalten.
Ich wusch und säuberte zuerst die Judasohren und freute mich, weil sie wirklich wie richtige Ohren aussahen. Ich ließ sie 15 Minuten mit BioSpeisetöl in der Pfanne braten. Da erlebte ich eine Überraschung. Die Ohren hüpften im heißen Fett umher, denn unter den Hohlräumen hatte sich die Hitze angestaut. Längst geschnittene Zwiebelstreifen ließ ich gleich mitbräunen. Mit etwas Salz und Pfeffer gewürzt stellte ich sie auf einem Teller beiseite. Die Masse für das Omelett hatte ich wie üblich bereits zusammengerührt.
Ich ließ das Omelett nicht allzu braun werden, nahm es heraus und legte es auf den Teller. Die schönsten Ohren postierte ich an beide Seiten. Zwei kleine Schwämmchen bildeten die Augen. Zwei weitere längliche Stückchen Nase und Mund. Die Zwiebelstreifen wurden zum den Bart am Kinn.
Alle restlichen Pilze verwendete ich für den dichten Haarwuchs. Und wie Ihr seht, meine lieben Freundinnen und Freunde der extravaganten Esskultur, hatte Judas herrliches, dunkles Lockenhaar. Nur der Teint im Gesicht entspricht wohl nicht so recht unseren heutigen Schönheitsvorstellungen. Es könnten aber Sommersprossen sein. Die haben ja auch etwas Hübsches an sich.
Guten Appetit!
Hier noch ein Bild von den frischen Ohren:
Siehe auch: Auf der Suche nach dem Judasohr