Schoten und Mohrüben
"Schoten und Mohrüben" hieß das Gemüse früher bei Mutter und Großmutter. Heute gibt es das in Dosen und als Feinfrost im Supermarkt unter der Bezeichnung "Möhren und Erbsen" oder umgekehrt. Die Zubereitung verlief früher zu Hause etwas anders als heute in der industriellen Herstellung. Ich erinnere mich jedesmal und gerne daran, wenn ich im Garten die ersten Zuckerschoten pflücke und die dicksten der Möhren ziehe.
Ich wusste als Junge genau, wo die Zuckererbsten an trocknem Strauchwerk hochrankten. Wenn sie ihre weißen Schmetterlingsblüten zeigten, dauerte es nicht mehr lange, bis sich die grünen Schoten zeigten. Sie waren noch jung und hatten kaum Erbsen in der Hülle gebildet. Aber sie schmeckten schon so vorzüglich. Süß und etwas nach Gras. Mittlerweile hatten genug Schoten angesetzt, sodass niemand mein Naschen bemerkt hatte.
Zeigten sich die ersten Hülsen bald dick und prall gefüllt, machte sich Großmutter - von uns immer Mutter genannt -daran, Schoten zu pflücken. Gebückt sammelte sie Ranke für Ranke ab. Bei guter Ernte und genügend Pflanzen ergab das nicht selten einen ganzen Wassereimer voll.
Die Möhren holten wir mit dem Ruderboot von der anderen Uferseite des Stadtsees von unserer Hauskavel. Das war der Garten als Rest oder Überbleibsel von den Ländereien und Wiesen, die in vorigen Jahrhunderten zu jedem Stadthaus gehörten.
Waren Schoten und Mohrüben beisammen, setzte sich Mutter auf den Hof oder auf die Veranda und begann von den Hülsen die Fäden zu ziehen. Die zarten, jungen hatten kaum welche. Sie wurden mit dem Messer in mundgerechte Stücke geschnitten, auch die, welche noch nicht zu hart waren. Die dicken mit harter Schale öffnete Mutter und löste die Erbsen. "Ausperlen" nannte sie das.
Lange dauerte es, und Geduld musste sie haben.
Bei den Mohrüben ging es schneller. Waren sie erst einmal gewaschen, konnten sie dünn abgeschält werden. Die ganze Möhre, der Länge nach gevierteilt, zerschnitt Mutter wieder zu mundgerechten Stücken.
Anschließend wurde das gemischte Gemüse noch einmal gewaschen und in Weckgläser gefüllt. Der Gummi kam drauf, nachdem er gebrüht war. Gummi, Deckel und Glasrand entweder trocken oder nass. Der "Weckapparat" stand schon auf dem Herd, gefüllt mit Wasser. Die Gläser stellte Mama rein - denn das war jetzt Mamas Arbeit - und ließ sie nach Vorschrift lange "wecken".
Einen Teil der Schoten und Mohrüben hatte sie selbstverständlich für das nächste Mittagessen beiseite getan.
Waren die auf ein Handtuch gestellten Gläser erkaltet, kamen sie am nächsten morgen in den Keller als Wintervorrat. Mama hatte immer das Ziel, soviele neue Gläser in den Erntemonaten zu füllen, wie das Jahr Tage hatte. Heute hat ja wohl das Jahr noch genau so viele Tage wie damals. Oder wurden sie schon von amtlicher Seite gekürzt?
So viel konserviere ich nicht. aber ich habe es genau so gemacht nach gleicher Prozedur. Nur wecke ich dieses Gemüse nicht ein. Soviel war es auch nicht. Zwei volle Gefrierbeutel genügen erst einmal.
Als Rohkost habe ich mir eine kleine Schüssel voll reseviert, um langsam mal wieder "auf Linie" zu kommen.