Schwanzspiel mit Folgen
Als Lychener Senioren vor ein paar Tagen eine Kremserfahrt über Küstrinchen bis nach Wuppgarten machten, begleitete sie die Leiterin des Seniorenclubs, von allen liebevoll Liesel genannt.
In Wuppgarten, einstmals im Mittelalter ein stattliches Dorf, kehrte die Gruppe in die Gaststätte ein, ließ es sich dort gut gehen bei Kaffee und Kuchen und unternahm daraufhin gestärkt einen Spaziergang an den wenigen Häusern vorbei bis hin zum Heckenhaus.
Liesel stand hier an dem Ort, an dem sie ihre Kindheit verbracht hatte. Sie schaute sich um, ob der alte Birnbaum noch an seinem Platz stand. Sie fand ihn nicht mehr. Neue Bewohner haben Haus und Garten verändert. Liesel lief auf den Hofplatz, lachte und erzählte den Senioren ein Erlebnis aus ihrer Kindheit, das sie niemals vergessen kann.
Sie mag fünf Jahre alt gewesen sein, so Mitte der 1950er Jahre. Vater, Mutter, Tochter und Großmutter lebten gemeinsam auf dem kleinen Waldbauernhof, malerisch gelegen zwischen Zens- und Platkowsee am Rande eines ausgedehnten Waldes.
Liesel spielte im Freien bei frischer Luft und Sonne. Sie liebte die Haustiere, Hund und Katze. Ab und zu begleitete sie Großmutter in den Viehstall, aus dem die Kuh im Sommer auf den Hof und die angrenzende Weide getrieben wurde.
Die Kuh war viel größer als Hund und Katze. Behäbig stand sie da mit ihrem prallen Euter. Langsam lief sie Gräser kauend auf der Wiese umher, um sich bald darauf zur Ruhe in der Mittagszeit niederzulegen. Ende September gab Großmutter der Kuh besonders saftiges Futter, frische Runkelrübenblätter. Die Kuh ließ es sich schmecken, kaute und wiederkäute das schmackhafte Grün.
Liesel schaute sich das Hinterteil des Rindviehs an. Der Schwanz interessierte sie ganz besonders. Sie nahm ihn in ihre kleine Hand und schwenkte ihn auf und nieder. Großmutter sah das und rief ihr zu, sie sollte das sein lassen. Liesel gehorchte. aber nur für einen Augenblick.
Sowie Großmutter wieder im Stall verschwunden war, begann sie das lustige Spiel von neuem. Sie hob den Schwanz der Kuh hoch, senkte ihn wieder und hob ihn wieder hoch. Gerade in diesem Moment machte die Kuh genau das, was ihr gut tat und gab aus dem Hinterteil eine kräftige Portion grünen Spinat ab, der - klacks - auf Liesels Kopf klatschte.
Erschreckt und heulend rannte sie zur Großmutter. "Hab' ich Dir nicht gesagt, Du sollst den Schwanz der Kuh in Ruhe lassen", schimpfte sie, nahm Liesel bei der Hand und führte sie an die Schwengelpumpe. Bleib' schön hier stehen und warte. Gleich bin ich wieder zurück!"
Großmutter lief in die Waschküche und holte den großen Zuber heraus. Sie stellte ihn unter die Pumpe. Liesel musste sich hineinsetzen, und Großmutter pumte aus dem Brunnen einen kräftigen Schwall eiskalten Wassers über das bekleckerte Haupt. Liesel fand das schrecklich.
Wieder sauber, ließ sie sich von Großmutter ordentlich abfrottieren und hatte ein für alle mal die Nase voll vom Schwanz und vom frischen Spinat.