Stacheliges Rezept - Sanddorngelee

Veröffentlicht auf von anais

Auf allgemeinem Wunsch einer treuen Leserinlink - sie hat sich ein heilsames, aber kompliziertes Käuterezept erbeten - gebe ich sogleich eines nach meiner speziellen Art bekannt. Es handelt sich hierbei um ein dermaßen unverschämt in die Höhe geschossenes Kraut, das deshalb kein Kraut mehr ist, sondern ein Strauch. Es ist der zur Herbstzeit mit seinen orangenen Beeren hier und da an trockenen Stellen leuchtende Sanddorn. Weil die Sanddornbeeren kleine Vitamin-C-Geschosse sind, sind sie äußerst gesund und heilsam. Zudem haben sie ein vorzügliches Aroma. Sanddornsaft und -gelee zählen zu den bevorzugten Produkten in den Reformhäusern.
Nach den Grundsätzen: "Selbst ist der Mann" und "weshalb denn im Laden kaufen, wenn alles vor der Tür steht", beschlossen meine liebste Jutta und - weniger ich, die Beeren rechtzeitig, das heißt sofort, von den beiden silbrig belaubten großen Sträuchern auf dem "Feld der Träume" meines liebsten Weltbetrachters abzuernten. Und nun beginnt der komplizierte Teil des Rezepts: Jutta blieb an diesem sonnigen Lychener Tag in der Zivilisationshochburg Berlin. Nur Uwe teilte sich mit mir die Einsamkeit mit kargen Worten, weil er als Stahlkünstler Apfelsaft mit einer uralten Handpresse herstellte.
Ich stellte mich bei ihm mit einem Wassereimer, kurzärmelig und in Turnschuhen, aber mit langen Hosen vor. "Na, dann viel Spasss", grinste er mir zu. Im kniehohen Gras auf dem naturbelassenen Anwesen schaute ich nach den Sträuchern aus. "Aha - da sind sie ja. Und so voll beladen!". Das Herankommen war kompliziert, denn sie waren von stacheligen Brombeerruten umrankt. Jede Menge Brennesseln verhießen nicht Gutes. Zu meinem Stolz muss ich gestehen, dass ich im Garten nie Gummihandschuhe trage. In der Fachsprache heißt es allerdings, der Sanddorn müsse "gemolken" werden. Das bedeutet, wie bei der Kuh am Euter die Milch, so am Strauch die Beeren abzustreifen. Weil ich vom Melken keine Ahnung habe, klappte es auch beim Sanddorn nicht. Der Saft spritzte mir ins Gesicht und auf mein Hemd. Geritzt hatte ich mich an den Stacheln schon mehrmals. Sorgfältig wischte ich mit einem Tempo-Taschentuch mehrmals meine leicht blutenden Finger ab. Also - von innovativem Geist beseelt - änderte ich die Methode und begann, die Beeren einzeln abzupflücken. Dabei lief die Zeit. Ab und zu schaute der Pferdekopf des frei herumlaufenden Ackergauls über den Zaun durch die Sanddornsträucher. Mittlerweile hatten sich meine Hände bis unter die Fingernägel orange verfärbt. Uwe kam nach einer Stunde mit einer vollen Karre Äpfel vorbei und rief mir lachend zu: "Mensch, du hast aber eine Ausdauer, ha, ha!"  
Nach ungefähr zwei sonnigen, saftigen, pickenden und brennenden Stunden war mein  Wasserimer zu einem Drittel gefüllt mit schönen großen Beeren.
Mein liebster Weltbetrachter - gastfreundlich wie er nun mal ist - bot mir Kaffee und eine Zigarrette an. "Mein Lieber," meinte ich zu ihm, "ich hab' die Schnauze voll! Solch' eine schwierige und langwierige Geleerezeptvorbereitung mache ich höchstens wieder im nächsten Herbst. Und das war der komplizierte Teil. der leichte folgt zugleich:

Zubereitung des Sanddorngelees:

- Die vielen, vielen Beeren werden gewaschen und einzeln verlesen, damit keine Stacheln       aufs Geleebrötchen kommen. Dauer: mindestens 30 Minuten.
- Die Beeren werden mit Wasser in einem Topf gegeben und kurz aufgekocht. Wassermenge bei mir: nach Augenmaß. Muss aber mit der vorgeschriebenen Menge auf der Gelierfix-Tüte harmonieren.
- Die aufgekochten Beeren drücke ich solange durch ein großes, altes Sieb, bis nur noch die schwarzen Kerrne übrig bleiben.
- Dann schütte ich den verdünnten, schon aromatisch duftenden Saft wieder in den gesäuberten Topf.
- Nun vermische ich so an die 350 Gramm Zucker mit dem Gelierplver und verrühre es in dem Saft, der dann mindestens 3 Minuten lang sprudelnd kochen muss.
- Schnell in die Gläser füllen und diese, auf den Kopf gestellt, erkalten lassen.

Und weil das so viele Beeren waren, habe ich diese Prozedur zweimal gemacht. Das ergab 15 Gläser mit dem herrlichen, leckeren und gesunden Sanddorngelee. Die teilte ich mit Jutta. Jutta bekam 7, und ich behielt 8 Gläschen, weil sie bei der Prozedur nicht zugegen war. Man muss ja auch manchmal was zum Verschenken haben. Oder nicht? Und - damit war der Tag gelaufen.

PS: Ich hoffe, dieses Rezept erfüllt alle gesundheitlichen, kulinarischen und sportlichen Wünsche!!

  






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M
<br /> Nein da ist alles sauber, es gibt auch ein großes gemüsebeet und obstbäume, ökologischer Haushalt, grins<br /> <br /> <br />
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A
<br /> So ist es richtig!!!<br /> Liebe Grüße<br /> Joachim<br /> <br /> <br />
M
<br /> Nein, sie sind bei Verwandten an einem Mäuerchen. Im Sommer gibt es dann das große Himbeerpflücken, wo ein Teil der Ernte eingelagert wird um später zu Marmelade verarbeitet zu werden...<br /> <br /> <br />
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A
<br /> Himbeermarmelade ist auch sehr lecker. An den Mäuerchen bei Deinen Verwandten werden sicherlich keine Brennesselt stehen.<br /> Liebe Grüße<br /> Joachim<br /> <br /> <br />
M
<br /> Wenn ich die Himbeeren pflücke geht es nicht so abenteuerlich zu.<br /> Sanddorngelee habe ich noch nie probiert.<br /> Bin gerade außer Haus, zum Essen, feine Sachen gibt es auch hier, grins<br /> <br /> <br />
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A
<br /> Da wirst Du wohl was Leckeres zur frühen Stunde gegessen haben. Sind das Waldhimbeeren, die Du pflückst? Die sind<br /> besonders aromatisch. Aber sie tragen hier nicht mehr so reich wie früher.<br /> Liebe Grüße<br /> Joachim<br /> <br /> <br />
X
<br /> Lauter gesunde Sachen: 10 Eier, jede Menge Käse, Quark, Radieschen, Rapunzel, Möhren, Brot, Brownies, Kaffee und Oliven. Und nachher gehe ich mit meiner Familie und meinem Wiederheimkehrer (!) aus<br /> der Reha italienisch essen.<br /> Michael wurde gestern entlassen und wir freuen uns beide sehr!<br /> <br /> <br />
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A
<br /> Da freue ich mich sehr, dass Dein Michael wieder daheim ist. Verpflege ihn gut mit der reichaltigen, gesunden Kost. Was gabs denn beim Italiano?<br /> Liebe Grüße<br /> Joachim<br /> <br /> <br />
X
<br /> Ich gehe heute auf den Mainzer Markt einkaufen. Da gibt es prima Sachen, wo sich Andere schon die Arbeit gemacht haben. *lach*<br /> <br /> <br />
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A
<br /> Na, da würde ich aber gerne mal wissen, was Du da alles einkaufst außer Gurken, Tomaten und Zwiebeln.<br /> Liebe Grüße<br /> joachim<br /> <br /> <br />
X
<br /> Deine Geschichte ist ja wirklich amüsant. Aber - Ach Du je! DAS soll ich nachmachen??? Nee, da gehe ich lieber doch ins Reformhaus! Guten Start ins Wochenende und mach mal was Leichtes! Gruß, Xammi<br /> <br /> <br />
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A
<br /> Ach! Ich dachte, Du wärst schon mit einem Eimerchen unterwegs quer durch Deutschland.<br /> Was Leichtes zu finden wird wohl schwierig sein!!!<br /> Liebe Grüße<br /> Joachim<br /> <br /> <br />
M
<br /> Lieber Joachim, so sehr ich deinen Heldenmut bewundere, deine Bereitschaft, dich sowohl vom Ackergaul als auch vom Weltbetrachter schief anschauen zu lassen, so froh bin ich auch, dass es<br /> Sanddorngelee bei uns auf dem Markt zu kaufen gibt. In diesem Fall bin in gerne bereit, ein paar Euros dafür abzulegen.<br /> Liebe Grüße von Margot<br /> <br /> <br />
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A
<br /> Na, da freue ich mich aber, dass Du es Dir - zumindest mit dem Sanddorngelee - leichter machst als ich. Aber - wer weiß, ob meiner nicht am besten schmeckt.<br /> Liebe Grüße<br /> Joachim<br /> <br /> <br />