Die Sage vom Steutzsee

Veröffentlicht auf von anais

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Das Dorf Warthe, nicht weit von Lychen, hat wie manche andere Dörfer hiesiger Gegend keinen Kirchturm. Die drei Glocken hängen in einem Glockenstuhl. Über die Herkunft der größten Glocke geht hierorts folgende Sage:

Zwischen Warthe und dem Jagdschloss Mahlendorf, früher ein großes Bauerndorf, vier Kilometer von Lychen entfernt, liegt ungefähr in der Mitte ein See, der Steutzsee. Herrlich ist er gelegen in einem flachen Tal, von sandigen Höhen mit waldigen Ufern und vielen Erlen umgeben. Gewaltig große Steine liegen, wie im See selbst, an seinen Ufern verstreut.

Vor vielen Jahren stand hier eine große Stadt, deren Einwohner recht sündhaft gewesen sein mögen. Die Stadt ist untergegangen und an deren Stelle, wo sie gestanden hat, liegt heute der See.

Alljährlich aber, am Johannistage, tauchen aus dem Grunde des Sees zwei Glocken empor.

In einem Jahr nun traf es sich, dass an diesem Tage Kinder am Ufer des Sees spielten. Sie wuschen die Kleider ihrer Puppen und spannten eine kleine Leine von einem Baum zu einem großen Stein, der dort lag, um die Puppenkleider zu trocknen. Sie wussten aber nicht, dass dieser Stein eine der großen Glocken war.

Da, mit einem Mal, fing der Stein an zu reden: "Hann', Susann'! Komm met mi to Lan!" Worauf der andere Stein, die andere Glocke nämlich, antwortete: "Ful Gret, ful Gret! Komm met mi to Deep!"

Da antwortete die Erste: "All' min Lewdag nich!"

Und da rauschte die zweite Glocke wieder hinab in den See. Die erste Glocke aber, obwohl sie nur von einem schwachen Faden gehalten wurde, war doch mit der oberirdischen Welt verbunden und musste auf ihr bleiben.

Die Kinder waren spornstreichs nach Hause geeilt und erzählten dort, was sie erlebt hatten. Die Leute liefen hin und fanden die große Glocke am Ufer liegen, die in die Tiefe hinab wollte, aber nicht konnte.

Die benachbarte Gutsherrschaft wollte sie fortschaffen lassen. Aber, ob man auch noch so viele Pferde vorspannte, sie war nicht von der Stelle zu bewegen. Endlich gelang es den Bauern von Warthe, sie auf einen Wagen zu bringen, der von 16 Ochsen gezogen wurde.

So hängt die Glocke noch heute im Glockenstuhl zu Warthe und hat einen der schönsten Klänge in der ganzen Uckermark.

Der Steutzsee war um 1900 einer der krebsreichsten Seen in der ganzen Umgegend.

(Nach der Chronik von Robert Engelbrecht, Lychen, 1954)

Veröffentlicht in Lychener Stammtisch-Geschichten

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K
<br /> <br /> Hallo Joachim, bei dem vielen Mist was wir in der Politik erleben, da braucht man doch einfach einen Ausgleich! Das Leben kann so schön sein wenn man die Natur erlebt und etwas Romantik im Herzen<br /> trägt.<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße, Katharina<br /> <br /> <br /> <br />
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A
<br /> <br /> Hallo Katharina! Du sprichst mir - und sicherlich auch vielen anderen - aus dem Herzen. Die kleinen schönen dinge dürfen wir nicht übersehen!<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße<br /> <br /> <br /> Joachim<br /> <br /> <br /> <br />
K
<br /> <br /> Hallo Joachim, vielleicht hätte man ja die andere Glocke aus dem See hochholen können? Ich könnte mir vorstellen, der Klang beider Glocken wäre unbeschreiblich schön. Na ja, in diesem Fall bin<br /> ich eben Romatiker! <br /> <br /> <br /> Liebe Grüße, Katharina<br /> <br /> <br /> <br />
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A
<br /> <br /> Hallo Katharina! In den Sagen ist das wohl meistens nur eine Glocke, die von irgend etwas gebannt auf der Erde bleibt. Bei unserer Sage vom Wurlsee ist das ebenso. Bleine mal schön eine<br /> Romantikerin in dieser allzu ernsten Zeit. Ich versuche es auch.<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße<br /> <br /> <br /> Joachim<br /> <br /> <br /> <br />