Auf dem Maulbeerfest in Zernikow
Am vergangenem Sonnabend besuchten wir nicht das Lychener Flößerfest, weil das für uns nichts Neues ist. Auf meinem Blog habe ich in den vergangenen Jahren darüber Bilder, Video und Texte veröffentlicht.
Mein Freund, Stahlkünstler Uwe Jähnichen, und Mutter Jutta fuhren mit mir um 12.00 Uhr mit dem Pkw in Richtung Fürstenberg/Havel. Von dort bogen wir ab auf die Straße in Richtung Rheinsberg. Bald hatten wir die Abfahrt nach Altglobsow erreicht. Durch Altglobsow fuhren wir durch und hinaus auf die Landstraße nach Burow und Zernikow. Das ganze Gebiet gehört zum Landkreis Oberhavel.
Kurz vor Zernikow begann die Maulbeerallee mit sehr alten, oft wie Kopfweiden gestutzten, knorrigen Maulbeerbäumen. Wir kamen zum Gut Zernikow, auf dem jährlich am ersten Sonnabend im August ein Fest rund um den Maulbeerbaum, die Seidenraupe, Seide und Früchte gefeiert wird. Als wir auf den weiten Hof kamen, sahen wir links das stattliche Gutshaus, im Hintergrund Wirtschaftsgebäude und ehemalige Stallungen. Vor dieser reizvollen Kulisse waren Markstände mit Schnitzerei, Töpferei, Pflanzen, Maulbeereis und allerhand Kulinarischem aufgebaut.
Meine Aufmerksamkeit weckte ein kleines, massives Häuschen aus der Gutsherrenzeit. Dort drinnen konnte ich zum ersten Mal richtige Seidenraupen bei der Fütterung mit Maulbeerblättern beobachten, Auch die gesponnenen, weißen Cocons. Schüler der Arbeitsgruppe und ihre Lehrerinnen erklärten uns die Seidenraupenzucht und die Gewinnung der Naturseide. Danach suchte ich draußen nach einem Stand mit Maulbeerenprodukten. Ein junger Mann aus Berlin-Friedrichshagen zeigte mir Maulbeerlikör und getrocknete Maulbeeren als Snacks. Als ich ihn fragte, weshalb er aus Friedrichshagen käme, erklärte er mir kurz, aber sehr präzise die Geschichte. Friedrich II. etablierte ab 1740 in Preußen die Seidenraupenzucht nach italienischem, französischem und süddeutschem Vorbild. Er ließ in 260 neu gegründeten Kolonistendörfern Maulbeerplantagen und Alleen anpflanzen. Bereits König Friedrich Wilhelm I. empfahl die Anpflanzung von Maulbeerbäumen auf Kirchhöfen. Friedrich II. Wollte das Land von den teuren Seidenimporten unabhängiger machen. So wurden auch Seidenraupen in Friedrichshagen gehalten. Die Seidenproduktion scheiterte allerdings im 19. Jahrhundert vor allem an den natürlichen Risikofaktoren wie Klima, Bodenbeschaffenheit für die Maulbeerbäume als Nahrungsgrundlage für die Raupen. Auf der Website des jungen Mannes und seiner Firma "Friedrichs Früchte"http://www.esst-maulbeeren.de kann der Interessierte sicherlich mehr erfahren.
In der großen, etwas dunklen Halle hatte auch der Verein "Initiative Zernikow e. V. seinen Stand. Die Initiative Zernikow e. v. wurde 1992 von Achim von Arnim gegründet. Der gemeinnützige Verein sorgt sich um Restaurierung und Erhaltung von historisch und kulturell bedeutsamen, denkmalgeschützten Bauten und Anlagen sowie um die naturgeschützten Objekte wie die Maulbeeranpflanzungen. Die Frauen vom Verein boten am Stand alkoholische Maulbeergetränke, Marmelade und Trockenfrüchte an. Junge Maulbeerbäumchen zu persönlichen Anpflanzung standen zum Verkauf bereit. In unseren nördlichen Gebieten wird die weiße Maulbeere angepflanzt, die allerdings in der Farbe der Früchte von weiß, gelb über rot und blau bis schwarz variieren kann. Für mich sehr interessant, weil ich selber einen Baum habe, der jetzt zum ersten Mal einige schwarze Früchte trug.
Eine schöne Sache war ebenfalls der Stand der Seidenmalerei mit Freunden aus Dänemark. Der ältere Herr hatte, wie er sagte, im vergangenen Jahr einen Vortrag über die Seidenraupenzucht vor Ort gehalten.
Jutta, Uwe und ich, wir machten danach erst einmal Pause und verzehrten mit Genuss eine gute Portion Wildschweinbraten. Anschließend hörten wir uns den sehr lehrreichen Vortrag über die Geschichte des Maulbeerbaumes an, den Prof. Dr. Michael Seiler, Gartendirektor a. D. der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin - Brandenburg hielt.
Es hatte am Nachmittag immer wieder mal etwas geregnet. Auf der Rückfahrt bat ich Uwe anzuhalten, weil ich ein Stück von der Maulbeerallee fotografieren wollte. Wir entdeckten sogar noch ein paar zuckersüße, schwarze Früchte.
Ein sehr schöner Nachmittag!