Der Clans hat Menschengestalt

Ein besonderes Kleinod bei Beenz hat im Dezember 2002 Beachtung und Anerkennung gefunden: Auf dem Rötberg am Clanssee im Naturpark "Uckermärkische Seen" wurde der höchste Wachholder des Landes Brandenburg unter Anwesenheit von Ehrengästen, Forstexperten und mit Musik feierlich gekürt. 9,90 Meter Höhe ergab die Messung.
Grund genug, um dieses malerische Fleckchen Erde an dem schönen See - unser Clans, wie die Beenzer liebevoll sagen - einmal etwas genauer zu betrachten und Erkundungen bei Alteingesessenen einzuholen. Otto Mathes verweist mich sogleich an Margarete Liebich: "Rede mal mit Margarete Liebich über den Rötberg und den Clans. Sie kennt sich da gut aus." Und das ist wirklich so, denn sie hat am Rötberg schon als Tochter des Beenzer Bauern Karl Matthies und dessen Frau Klara die Kühe gehütet und auch noch 1953 als junge Frau dort verweilt: "In einem Wachholderbusch habe ich mich oft zum Schutz gegen Wind und Regen gesetzt, aber immer die Kühe im Blickfeld," erzählt mir die gebürtige Beenzerin. "Der Wachholder war damals halb so hoch. Den Namen Rötberg hat mir mein Vater übermittelt. Die Bezeichnung ist sicherlich schon 200 bis 300 Jahre alt. Der Flachs wurde damals wahrscheinlich im Seewasser geweicht und dann durch die Raufe gezogen, um die Fasern schließlich auf dem Berg in derSonne zu trocknen, also zu röten. Die Beenzer haben damit ihre eigenen Leinenhemden gewebt, vermute ich."
Wie Clans und Rötberg, Wald und Flur drumherum zu Beenz gekommen sind, will ich wissen. Und so erfahre ich Ortsgeschichte.
Ursprünglich gehörte das ganze Gebiet mit den Dörfern und Weilern dem Grafen von Arnim. Im Zuge der preußischen Agrarreformen nach 1800 wurde der See ebenso wie Ackerflächen und Wald den Dorfbewohnern, die die Felder bewirtschafteten, als Schenkung übergeben. Deshalb sind auch in Beenz ein Teil der Bauernhöfe erst nach 1800 entstanden. Das alte Mecklenburg kannte solche Reformen nicht. "Wer hier ganz in der Nähe über die Grenze kam, war frei." So Margarete Liebichs Rückblick in die Geschichte: "Und die Straße nach Lychen wurde erst 1927 als Chaussee befestigt. Vorher war das ein ausgefahrener Knüppeldamm. Zum Pflastern wurden Steine von der alten Kirchenmauer genommen." Auf dem täglichen Weg zum Rötberg wurde nicht selten unter der uralten Weide an der Wegabzweigung von der Chaussee zum Clanssee Kaffee getrunken. Mehrfach hatten die Beenzer den Versuch unternommen, den markanten Baum unter Naturschutz zu stellen, Jetzt ist es ihnen wohl gelungen.
Gleich hinter dem Rötberg bietet sich auf einer steilen Anhöhe ein herrliches Panorama über das eiszeitliche Gewässer. Obwohl äußerlich kaum erkennbar, scheint es wegen seiner Tiefen ein Rinnensee zu sein. Die verschiedenen Teile des Sees haben alte plattdeutsche Namen: "Der Clans hat Menschengestalt." Meine Gesprächspartnerin fängt mit dem Kopf an: "De Poggenkuhl, das ist die Poggenkuhle. Poggen heißen die Frösche auf platt. Dann folgt ein schmales Stück, de Hälsing. Das ist der Hals. Bei niedrigem Wasserstand kann man die Hälsing trockenen Fußes überqueren. Früher, so z. B. 1946, fuhren die Bauern sogar mit Pferdefuhrwerken durch die seichten Stellen. Die breite Mitte, sozusagen der Rumpf, hat keinen besonderen Namen. Aber die zwei Buchten, die den Rötberg umschließen, das sind die Fööt, die Füße. Und dem Rötberg vorgelagert liegt dicht unter der Wasseroberfläche de Borsbarg, der Barschberg."
Alle sieben bis acht Jahre verändert der Clans seinen Wasserstand. Er steigt undfällt. Vor  15 Jahren zog sich das Wasser so weit zurück, dass ein fünf Meter breiter Strand mit weißem Sand entstand. Dann ging es aber im Wasser ganz steil nach unten. Überirdisch sieht man weder Zufluss noch Abfluss. "Früher gab es einmal einen Abfluss über den Kirchensee auf der rechten Seite hinter dem Clans. Im Laufe der Zeit ist er zugewachsen." Margarete Liebich weist auf Quellen hin: Oberirdische und unterirdische, auch warme Quellen speisen den See. am Rötberg zeigte eine immer frisches Gras an. Und im Hohlweg davor fließen heute noch Quellen. Mag sein, dass der Clans unterirdisch sogar mit dem Waschsee verbunden ist."
Achtung und Liebe zur heimatlichen Landschaft und Natur bringt Margarete Liebich abschließend mit den Worten zum Ausdruck: " Wenn mein Mann und ich den schmalen Trampelpfad am Clans bis zur Poggenkuhle entlang wandern, schauen wir immer, ob unsere großen Findlinge noch im Wald daliegen. Sie gehören wie die Hohlwege und Schluchten zu dieser einmalig schönen Endmoränenlandschaft." Und somit ist unser aller Wunsch: Wenn Besucher auf dem Rundumweg am Clanssee Erholung und Erbauung finden wollen, dann sollten sie die Natur so belassen, wie sie seit eh und je ist.

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