Die Heilanstalten Hohenlychen
Die Heilanstalten Hohenlychen waren bis zum II. Weltkrieg die Lebensader unserer Stadt. Durch
sie erwarb sich Lychen hohes nationales und internationales Ansehen.
Als zum Ausgang des 19. Jahrhunderts die Tuberkulose eine weit verbreitete Volkskrankheit war, gründete das Deutsche Rote Kreuz 1895 ein Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose und bildete
den Heilstättenverein unter Leitung von Prof. Gotthold Pannwitz als Generalsekretär.
In kurzer Zeit wurden die Heilstätten Grabowsee für Männer (1896), Beelitz für Frauen (1897) und Hohenlychen für Kinder und Frauen errichtet.
Die Hohenlychener Heilstätten wurden von 1902 bis 1912 fast vollständig aufgebaut und unter wissenschaftlicher Begleitung der Professoren Bier und Kirsch von der Universitätsklinik Berlin zur
führenden Behandlungsstelle.
Dafür bot die natürliche Lage die besten Voraussetzungen: saubere Luft, Sonne, Wald und Seen. Gute Ernährung und sportliche Freiluftübungen brachten bald sichtbare Erfolge in der
Behandlung. Innerhalb von 30 Jahren sanken die Sterbefälle um das Zweieinhalbfache.
Zu den Heilstätten gehörten mehrere Sanatorien, die sich bis auf das Lange Werder im Großen Lychensee erstreckten und für die damalige Zeit medizinisch modern ausgestattet waren.
Zugleich entwickelten sich die Heilstätten zum größten Arbeitgeber für die Lychener Bevölkerung.
Kaiserin Auguste Viktoria Sanatorium
Das ehemalige Haus des ärztlichen Direktors (Gebhardsches Haus)
19333, nach der Machtergreifung durch die Nazis, wurde der Vorstand der Heilstätten entlassen. Hohenlychen wurde zum Reichssportsanatorium umprofiliert. Prof. Gebhard, ein Sauerbruchschüler
und Chirurg, wird Chefarzt. Sport- und Arbeitsschädenchirurgie bildeten von nun an den zentralen Schwerpunkt. Das Reichssportsanatorium erlangte einen besonders guten Ruf durch seine
Miniskusoperationen. Von 1933 bis 1945 wurden 25 000 solcher Operationen durchgeführt. In Vorbereitung der Berliner Olympiade 1936 wurden Athleten in Hohenlychen vorbereitet.
Zugleich entwickelt sich der Ort zum Treffpunkt hochrangiger NSDAP-Führer, die sich im Sanatorium behandeln ließen oder politische Pläne schmiedeten. So waren z. B. Hitler, Himmler, Göring und
Albert Speer mehrfach in Hohenlychen. Das Reichssportsanatorium nahm den Charakter eines Janoskopfes an: einerseits moderne Heilmedizin, andererseits menschenverachtende Experimente an
KZ-Häftlingen.
In dem bei Fürstenberg/Havel nahe gelegenen Frauenkonzentrationslager Ravensbrück wurden Sulfonamidversuche und Transplantationen von Knochen und Muskeln erprobt. Dr. Heißmeier führte
Tbc-Versuche an Kindern und Erwachsenen im Lager Neuengamme durch.
Während des II. Weltkrieges wurde Hohenlychen Krankenhaus für Kriegsverwundete mit einem speziellen SS-Lazarett. Der letzte Zug mit Kranken wurde am 27. 04. 1945 nach Schleswig
evakuiert.
Nach der Vernichtung des Nazi-Regimes wurde Prof. Gebhard im Kriegsverbrecherprozess zum Tode verurteilt und 1947 gehängt. Andere Ärzte, wie Fischer und Hertha Oberhäuser erhielten lange
Haftstrafen, wurden aber 1954 in Westdeutschland entlassen.
Dr. Heißmeier wurde erst 1966 in Magdeburg zu lebenlanger Haft verurteilt. Er verstarb aber ein Jahr später an Herzinfarkt.
Am 29. 04. 1945 zog die Rote Armee in Hohenlychen ein. Bis zu ihrem Abzug im August 1993 war der Bereich Armeelazarett der sowjetischen Besatzungstruppen.
Nach mehreren anfänglich vergeblichen Versuchen, das ganze Areal im Stück an Investoren zu verkaufen, wurden einzelne Gebäude an ihre ehemaligen Eigentümer zurückgegeben oder verkauft. Das
ursprüngliche Kernareal verblieb in seinem heruntergekommenen Zustand. Zum Teil wurde es von ABM-Kräften gereinigt und entsorgt.
Vor wenigen Jahren konnte der Bereich nun endlich an einen Investor übergeben werden, der unter Beibehalt der Architektur und Sanierung der historischen Bausubstanz eine Schule für Hotel-,
Gastronomie- und Tourismusfachkräfte, ein Wellness-Hotel und weitere Erholungsstätten einrichten will.
Für das Gedeihen des Erholungsortes Lychen wäre dies ein Segen. Das frühere Verwaltungsgebäude.Das frühere
Haus des Verwaltungsdirektors.Das frühere Frauensanatorium.
Heute Pannwitz-
Grundschule.Die frühere
Helferinnen-Schule.
Heute Wohnhaus.