In der St. John's Co-Cathedral
...nach dem Käffchen am Freitagnachmittag zog es mich unwiderstehlich in die St. John's Co-Kathedrale. Schon die große Fassade mit dem antiken Dreiecksgiebel ist beeindruckend. Die beiden Glockentürme tragen achteckige Spitzen. am rechten Turm ist eine Uhr aus der Johanniter-Zeit zu sehen. Sie zeigt die Stunden, den Wochentag und den Monatstag an.
Die dem heiligen Johannes geweihte Kathedrale wurde 1573 - 1577 von Gerolamo Cassar als Konventskirche des Johanniterordens errichtet. Ausgestattet mit den gleichen Privilegien wie der Bischofssitz in Mdina erhielt sie daher den Titel einer Co-Kathedrale.
Als wir in die Hauptpforte eintraten, bedeutete uns die Aufsicht, der Eingang zur Besichtigung wäre am hinteren Teil des Bauwerks. Wir umrundeten die Kathedrale zur Hälfte und passierten die Sicherheitssperre vor dem Durchgang zum einschiffigen Langhaus mit dem 58 Meter langem, durchlaufendem Tonnengewölbe. Als wir den reich mit Gold und Malerei ausgestatteten Raum betraten, blieben wir vor Erstaunen still stehen und verharrten in Schweigen. Jutta meinte: "Das ist ja prunkvoller als im Petersdom des Vatikan in Rom."
Wir hörten uns die Erklärung im elektronischen Guide an: Die Ausstattung im Stil des 16. Jahrhunderts stammt von dem kalabrischen Maler Mattia Preti (!613-1699) Im Jahre 1661 erhielt er den Auftrag zum Umgestaltung der Konventskirche. Fast 40 Jahre lang arbeitete er im Dienst der Johanniter und wurde dafür als "Ehrenritter" in den Orden aufgenommen.
Besonders prunkvoll ist der Fußboden, den ca. 400 Grabplatten bedecken. Unter diesen wunderschönen Intarsienarbeiten aus verschiedenfarbigem Marmor ruhen höhere Würdenträger des Ordens. Auch Mattia Pretis Grab befindet sich darunter.
Wir folgten dem Rundgang, der an den Seitenkapellen entlang führt. Die Drei-Königs-Kapelle ist der deutschen Landsmannschaft gewidmet. Danach sahen wir die St. Catharina-Kapelle der italienischen Zunge. Die St. Paulus-Kapelle ist Frankreich gewidmet. Links vom Chorraum befindet sich die Kapelle der Provence. Rechts vom Chor liegt die Sakramentskapelle. Alle Kapellen sind reich mit Gold, Portraits und Malerei ausgestattet.
Der Rundgang endetete im Oratorium. Das war das Hauptziel meiner Reise mit Jutta nach Valetta. Ich hatte es ihr ja zuvor als Überraschung verschwiegen.
Das Oratorium enthält das Kostbarste in der Kathedrale, nämlich das berühmte Gemälde "Die Enthauptung des Johannes" von Michelangelo da Caravaggio. Dem Betrachter bietet sich die dramatische Momentaufnahme, von Maler in seinem realitätsnahem Stil gestaltet: Die Enthauptung ist mit dem ersten Schwertstreich nicht gelungen, und der Henker vollendet gerade sein Werk mit dem Messer. Links reicht Salome das Tablett für den Kopf des Johannes. Eine ältere Frau hebt klagend die Hände und schaut auf das Opfer.
Gedankenversunken schauten wir auf das Bild. Für mich schien es beinahe unvorstellbar, wie vor einem solch' düsteren Szenario gebetet werden konnte. Aber - der Johanniterorden war sicherlich in der damaligen Zeit an Härte gewöhnt.
Der 1573 in Caravaggio bei Bergamo in Italien geborene Maler gilt als ein Hauptmeister des frühen Barock und einer der größten Naturalisten seiner Zeit. Nach seinen Lehrjahren in Mailand ging er 1592 nach Rom, wo er seine einmalige Hell-Dunkel-Technik und einen realitätsnahen Malstil entwickelte, der seine Zeitgenossen schockierte.
Als der berühmte, doch streitsüchtige Caravaggio 1606 nach einer Messerstecherei aus Rom fliehen musste, kam er mit Protektion des Großmeisters Wignacourt nach Malta. Dort entstand 1608 das Bild "Die Enthauptung des Johannes" - sein bedeutendstes, aber auch furchtbarstes Werk. 1609 musste Caravaggio auch aus Malta wegen einer kriminellen Tat flüchten. Er setzte sich nach Sizilien ab und starb ein Jahr später mit nicht einmal 37 Jahren im Kerker von Porto Ercoli am Fieber.
Als ich das gelesen hatte, überlegte ich und fragte Jutta, ob ich nicht Caravaggio zu meinem Idol machen sollte. Jutta meinte, ich sollte es besser bleiben lassen.
Herrlich, aber anstrengend die St. John's Co-Cathedral. Die Pause im Innenhof tat uns beiden gut.
Damit war der Ausflug nach Valetta, Maltas stolzer Hauptstadt auf der großen Felseninsel beendet. Wir kehrten am frühen Abend mit dem Linienbus zurück ins Hotel. Den Sonnabend verbrachten wir mit Spaziergängen, Schwimmen und auf Sonnenliegen. Am Sonntag flogen wir in aller Frühe ab vom schönen Malta nach Berlin-Tegel.
Ein wunderbarer Urlaub!