Die Unschuld vom Lande
Als die Lychener Mandolinengruppe kürzlich einen Auftritt auf dem Retzower Dorffest hatte, bereitete ich für mein Ansageprogramm eine kleine Überraschung für die Leiterin der Instrumentalgruppe, Erika Bondzio, vor.
Erika feiert in diesem Jahr ihren 90. Geburtstag. In einem solch' beachtenswertem hohem Alter wäre es für sie sicherlich sehr angenehm, wenn sie sich für alle schweren Arbeiten zu Hause eine Haushaltshilfe, sozusagen eine Magd, halten würde. Wenn diese dazu auch noch vom Lande wäre, könnte sie voller Kraft bei Erika wirtschaften. Für diese Meinung holte ich mir die Zustimmung des Publikums ein.
Erika versorgt sich allerdings noch selbst. So habe ich ein lustiges, humorvolles Gedicht einfach auf sie zugeschnitten und sie als Herrin der Magd eingesetzt.
Im zweiten Teil des Konzerts, wo vor allem Schlager aus der Jugendzeit gespielt werden, trug ich es vor. Erika wusste davon nichts. Und so stellte ich mich neben sie in Positur und begann:
Die Unschuld vom Lande
Frau Erika hat kürzlich ohne Spaßen
ganz plötzlich ihren Hausarzt kommen lassen.
Denn ihre Magd vom Lande, die Lisett,
die liegt seit gestern krank im Bett.
Vier Treppen hoch der Arzt muss steigen.
Er fühlt den Puls, lässt sich die Zunge zeigen.
Doch – gänzlich negativ ist der Befund.
Der Arzt, der sagt sich: Die Magd ist kerngesund!
Ich kann hier wirklich keine Krankheit konstatieren.
Die Unschuld vom Lande scheint zu simulieren.
Als er sie dann nach Schmerzen fragt,
hat sie's im Vertrauen heimlich ihm gesagt.
Zwei Monat' hab ich schon keinen Lohn bekommen
von der Frau Bondzio, drum hab' ich mir vorgenommen:
Ich lege mich ins Bett und rühr' mich eher nicht,
bis dass Frau Erika nachkommt ihrer Pflicht!
Der Arzt, der war erst baff, dann dachte er mit Lachen:
Die Bauern, die sind schlau, die wissen es zu machen!
Das Mittel schien ihm recht, und er hat zu der Magd gesagt:
Rutsch' was zur Seite und lass' mich bei Dir liegen!
Denn ich hab' auch noch hundert Euro zu kriegen.
Das Publikum lachte aus vollem Halse und klatschte Beifall. Erika aber, schlagfertig wie sie nun mal ist, gab mir einen Knuff in die Rippen, wandte sich daraufhin zum Publikum und fragte laut: „Freunde! Schulde ich noch jemandem Geld?“