Grenzwanderung am Rande der Uckermark. III. Teil.

Veröffentlicht auf von anais

Unterwegs, auf dem Weg zum Dorf Wokuhl, komme ich durch eine Ortschaft mit eigentümlichem Namen. Comthurey steht auf dem Ortseingangsschild. Das ist der mitteralterliche Name einer Verwaltungsstelle des Johanniter-Ordens, der ab dem 14. Jahrhundert in diesem Gebiet ausgedehnte Ländereien bewirtschaftete. Reste von dem alten Verwaltungsgebäude sind nicht mehr vorhanden. Nur der Name erinnert an jene Zeiten.
In Wokuhl muss ich erst einmal die Straße suchen, die zur Kirche auf der höchsten Stelle des Ortes führt. Und auch hier, vor dem Turmeingang stehe ich vor verschlossener Tür. Voller Verwunderung schaue ich auf zierliche altertümliche Kreuze und kann mir nicht recht erklären, welche Bedeutung sie haben. Ich laufe den Hügel hinunter zum Gemeindehaus, wieder voller Erwartung auf den Glöckner. Ich klingelte. aber diesmal öffnet mir ein kleiner Junge die Tür. Der vielleicht achtjährige Georg blickt etwas ratlos auf die vielen großen Eisenschlüssel am Brett. Nach einigem Zögern meint er: "Ich glaube, dieser ist es. Sie müssen die Turmpforte aufschließen." Er überreicht mir den Schlüssel. Hochheilig verspreche ich ihm, den Schlüssel schnell wieder zurück zu bringen, weil ich mir Sorgen mache, ob er das überhaupt darf. Hoffentlich bekommt der kleine Kerl deswegen keinen Ärger.
Wokuhl ist ein altes Dorf und wird bereits 1225 als Wukun urkundlich erwähnt. Wahrscheinlich ist der Name slawischen Ursprungs. In jener Zeit muss das Dorf eine andere Kirche gehabt haben, die wohl im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde. Das heutige Kirchlein wurde 1736, am Johannistag, fertig und eingeweiht. In schlichtem Barock wurde sie aus Granit und Backstein erbaut. Der Turm scheint mir mit Schiefer verkleidet zu sein. Die Turmspitze jedoch ist mit eichernen Spänen gedeckt.
Einigermaßen zufrieden mit einen Fotos, bringe ich den schweren Schlüssel schnell wieder zurück. Georg ist nicht da. Dafür nimmt ihn mir sein Bruder Robert ab und sagt ganz einfach nur: "Danke,okey,tschüss." Eigentlich hätte ich die Beiden gerne fotografiert, aber heutzutage weiß man nie, wie das ankommt. Immerhin sind sie mir als "brave kleine Kirchendiener" begegnet.
Meine "Schüssel" habe ich - das bemerke ich erst bei meiner Rückkehr - vor einem Antikwaren-Geschäft geparkt. Weil ich nun schon genug "antik" gesehen habe, gehe ich da nicht rein. Aber - da gibt es bestimmt auserlesene Stücke. Mit der Mutter meines liebsten Weltbetrachtes werde ich mal wieder herfahren, denn sie kennt sich in solchen Sachen gut aus. Nun erwartet mich eine lange Strecke durch Wald, Wald und nur Wald bis nach Gnewitz, das scheinbar "vergessene Dorf". Morgen werden wir mal sehen, ob dort überhaupt eine Menschenseele anzutreffen ist.  
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M
<br /> Sieht so schlicht und freundlich aus, diese Kirche. Bei uns hat man den Eindruck, die Bauherren wollten sich immer gegenseitig übertrumpfen, jeder noch mehr Gold und noch mehr Prunk als der andere.<br /> Diese einfachen Kirchen bin ich gar nicht gewohnt.<br /> Liebe Grüße von Margot<br /> <br /> <br />
Antworten
A
<br /> Sicherlich war der Kirchenbau immer eine Geldfrage. In dieser Gegend waren die Dörfer arm, und viel musste durch Eigenleistungen erbracht werden. Außerdem war das Grenzgebiet, und da tobten öfter<br /> mal Kriege zwischen den Fürsten. Österreich und die Alpen waren viel reicher und haben wohl nicht so sehr unter mitteralterlichen Kriegen gelitten.<br /> Liebe Grüße<br /> Joachim<br /> <br /> <br />