Unsere tapfere Auguste

Veröffentlicht auf von anais

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Das hübsche Frauenportrait zeigte unser Stadtchronist Eberhard Kaulich auf unserem letzten Lychen-Vortrag im alten Kino im Zusammenhang mit den Befreiungskriegen Anfang des 19. Jhds. gegen die Napoleonische Fremdherrschaft über Europa. Es zeigt die junge Sophie Dorothea Friederike Krüger. Sie war der einzige weibliche preußische Unteroffizier im Befreiungskrieg. Geboren wurde sie am 4. Oktober 1789 in Friedland (Mecklenburg) als Kind des Ackerbürgers Johann Krüger und dessen Frau Regina Rabrägen.

Das Mädchen besuchte die Stadtschule, wo sie nur das Lesen lernte. Das kostete den Eltern pro Woche 1 Groschen. Schreiben hätte noch einen Groschen mehr gekostet, was bei armen Leuten für Mädchen unnötig erschien. Friederike lernte das Schreiben nach der Einsegnung selbständig in den Abendstunden.

Nach der Schule ging sie in Stellung bei wohlhabenden Bürgern. Wegen des frühen Todes ihrer Mutter musste sie  nach 1811 ihrem Vater den Haushalt führen und sich um die beiden jüngeren Geschwister kümmern.

In Friedland hat Friederike sicherlich die Auswirkungen der französischen Herrschaft kennengelernt und erinnert sich in ihrer Autobiografie 1841: "Während dieser Zeit war es, als ob unser gesamtes deutsches Vaterland durch den Einfall des benachbarten Franzosenvolkes tief unter dem Joche erseufzte, das deren gewaltiger Herrscher uns Deutschen auferlegte."

Entrüstet und voller Hass gegen die Willkür, Übergriffe und Tyrannei beschloss sie 1813, als sie in Anklam im Haus des Polizei-Commisarius Lemcke als Schneiderin ausgebildet wurde, dem Aufruf des preußischen Königs vom 16. März 1813 "An mein Volk" zur Generalmobilisierung zu folgen. In ihrer Lebensgeschichte schreibt sie darüber: "Mein Entschluss war schon längst der gewesen mitzuwirken, wenn einst der Tag kommen sollte, an dem die Fremdlinge vertrieben werden sollten. Meiner Prinzipalin redete ich jetzt vor, als sie mich einst dabei überraschte, wie ich männliche Kleidungsstücke arbeitete, dass diese für meinen jüngeren Bruder, der mit mir die gleiche Statur habe, zum Geschenk bestimmt seien. Als meine nötigen Vorbereitungen, um als junger Mann auftreten zu können, in aller Stille vollendet waren, packte ich das Notdürftigste zusammen, schnitt mit kühner Hand rasch mein langes Haar ab und verließ mit Zurücklassung meiner übrigen Sachen das Lemckesche Haus in der Dunkelheit der Nacht."

Auf dem Vorwerk Gasenitz bei Stettin, einem Sammelplatz, wurde sie, weil sie sich als Schneider ausgab, angenommen und zum Reservebataillon geschickt. Unter dem Namen August Lübeck wurde sie in die Stammrolle des Kolbergschen Infanterieregiments, 2. Bataillon, 4. Kompanie eingetragen. Das ist sicherlich der Grund, weshalb sie unter dem Namen Auguste in die deutsche Geschichte eingegangen ist.

Am 7. April 1813 nahm Friederike bereits nahe Finkenwalde (am rechten Ufer der Oder) bei einem Angriff der Preußen zur Blockade von Stettin teil - dort standen die Franzosen. Die Schlachten, an denen Friederike Krüger teilnahm, waren keine Schlachten am Büfett. Bei Großbeeren verlor ihre Kompanie 20 Mann. Das war eine entscheidende Schlacht, um Berlin vor dem weiteren Zugriff der Franzosen zu schützen. In der Schlacht bei Dennewitz wurde es noch heftiger. Tagelanger Regen und dabei jeden Tag an einem anderen Ort biwakieren. Immer völlig durchnässt und dann eine Schlacht bei gleicher Wetterlage, entsprechendem Gelände und ständig unter Geschützfeuer.

Generalleutnant von Wenzel gab für die Kompanie von Major von Malotky, in der Frederike war, einen Verlust von über 100 Mann und einem Offizier an.

Als das Regiment im harten Kampf um die Mühle des Dorfes Gralsdorf bei Dennewitz stand, rief der Kommandeur, Major von Malotky, Freiwillige auf, um eine nahe feindliche Kanone zu nehmen. Friederike war die erste, die hervortrat, worauf sich ihr noch 7 Mann anschlossen. Firederike wurde verwundet. Ein Granatsplitter zerschmetterte ihr den linken Schulterknochen. Blutend wurde sie am Abend auf dem Schlachtfeld gefunden. Major von Malotky ernannte sie zum Unteroffizier noch bevor ihr Geschlecht entdeckt wurde. Er notierte sie zum Ritter des Eisernen Kreuzes. 

Nach ihrer Wiederherstellung  begab sie sich wieder zu ihrem Regiment, das beim Rückmarsch im Mai 1814 in Gent eintraf. hier wurde Auguste Krüger als Ordonnanz zum Kaiser Alexander von Russland kommandiert, der ihr persönlich den St.-Georgs-Orden anheftete.

 

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Nach dem Krieg zum Ordensfest am 18. Januar 1816 nach Berlin eingeladen, lernte sie den ebenfalls mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichneten Unteroffizier vom Garde-Ulanen-Regiment Carl Köhler kennen. Am 05. März 1816 heirateten beide in der Berliner Garnisonskirche.

Unter den Trauzeugen befand sich auch Kriegsminister General von Boyern. Als Heiratsgebinde erhielten sie das Ergebnis einer Sammlung: die hübsche Summe von 1100 Talern, und der preußische König spendete 20 Friedrichsdor (Goldmünze, Fünftalerstück). Zur Hochzeit, die im "Englischen Haus" stattfand, gab Friedrich Wilhelm IV. nochmals 100 Taler. Außerdem verpflichtete er sich, die Patenschaft für das erste Kind zu übernehmen und 30 Taler in Gold zu spenden.

1816 ist Carl Köhler noch Unteroffizier in Berlin. Später hat die junge Familie wahrscheinlich in Brandenburg gelebt, denn dort gibt es den Nachweis über die Geburt von zwei Kindern.

Carl Köhler wurde dann berittener Steuer- und Grenzaufseher und später Obergrenzkontrolleur in Lychen. Hier lebten beide lange Zeit in glücklicher Ehe in einem Haus in der Vogelgesangstraße, das an der Stelle des heutigen Hauses Gladow gestanden hatte.

14 Bild VO 2218 Nachfolgehaus Friederike Krüger 2006

Aus der Geschichte des Kolbergschen Regiments ist zu ersehen, dass das Ehepaar 1842 noch in Lychen wohnte.

Später, nach der Pensionierung, siedelten sie mit ihren Kindern Georgine und Ulrich nach Templin über.

Friederike Krüger starb am 31. Mai 1848 in Templin und wurde unter Anteilnahme von Kriegsveteranen aus Templin und Zehdenick, der Schützengilde, der Sänger des Kriegsvereins und vielen Bürgern zu Grabe getragen. Sie wurde mit militärischen Ehren bestattet. Preußens König Friedrich Wilhelm IV. stiftete das Grabkreuz, welches heute noch auf dem Templiner St. Georgen-Friedhof erhalten ist.

Carl Köhler starb am 14. September 1851 in Templin. Sein Grab liegt an anderer Stelle.

 

Dass eine große Zeit auch ungewöhnlichen Opfermut und Hingabe weckt, dafür war Sophie Dorothea Friederike Krüger  in den Jahren 1813/15 ein leuchtendes Vorbild.

An ihrem Geburtsort und in Templin wurde sie mit Gedenktafeln und Straßenbenennungen geehrt.

"In Lychen brauchte man etwas länger", schreibt Eberhard Kaulich. "Erst als in der DDR man sich an preußische Traditionen erinnerte, wurde in Zusammenhang mit dem Neubau der Pestalozzi-Schule in Hohenlychen am 23. Mai 1980 die Straße nach Friederike Krüger benannt.

Von Lychener Bürgern wurde im Ausschuss für Ordnung und Umwelt am 8. September 2005 das Anliegen vorgebracht, den Straßennamen Friederike-Krüger-Straße wegen der 'unsicheren' Schreibweise der Einfachheit halber in Schulstraße umzubenennen."

Die Vernunft hat jedoch diesmal gesiegt, was in Lychen nicht immer der Fall gewesen ist

Der Name "Friederike-Krüger-Straße ist geblieben.

(Mit freundlicher Genehmigung von Eberhard Kaulich auszugsweise aus seiner Veröffentlichung "Lychen im Zugwind des 20. Jahrhunderts", 10. Kapitel: Memoria (Gedächtnis), erschienen im Eigenverlag, Lychen, 2008.)

 

 

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K
<br /> Hallo Joachim,<br /> <br /> <br /> ich freue mich, dass sich die Lychener FÜR den Straßennamen entschieden haben. Das habe ich wohl falsch verstanden aber so wie Du es jetzt geändert hast, ist es unmissverständlich. Danke.<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße, Katharina<br /> <br /> <br />  <br />
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A
<br /> <br /> Gruß auch an Euch und eine schöne Woche.<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße<br /> <br /> <br /> Joachim<br /> <br /> <br /> <br />
A
<br /> Guten Abend Joachim<br /> <br /> Ich muss gestehen, dass ich so ko bin und nicht den Artikel gelesen habe, sondern nur die Bilder angeschaut habe.<br /> <br /> Zum Artikel schreibe ich am Wochenende.<br /> <br /> Mich fasziniert das Bild der Frau. Es ist eine Unschuld darin, so vollkommen, so unfassbar.<br /> <br /> Ich kann zwar Mimik nicht im Einzelnen deuten,<br /> aber diese Lippen verzaubern.<br /> Lächeln sie, oder sind sie arrogant ?<br /> <br /> Früher waren die Frauen hübsch, hatten schöne Kleidung, eine schöne Frisur.<br /> Heute sind sie nur möglichst nackig, völlig übergeschminkt und aussagelos.<br /> <br /> Ein Schmuck ziert ihr Äußeres. So ähnlich wie eine Hundemarke, Zeichen zu wem sie gehört.<br /> <br /> Es war sicher eine schwere Zeit.<br /> Aber es steckt Anmut und Hingabe in diesem Anlitzt.<br /> <br /> Nicht nuttenhaftes Auftreten im Supermarkt.<br /> <br /> Gute Nacht<br /> <br /> lg Uli<br />
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A
<br /> <br /> Guten Morgen Uli,<br /> <br /> <br /> Du hast wieder Vieles aus dem Bildnis gelesen, was mir nicht aufgefallen ist. Sie war wohl sicher eine sehr selbstbewusste, junge Frau. Musste sich ja auch nach dem tod der Mutter um die Familie<br /> im Haushalt kümmern. Wahrscheinlich hat ihr auch der Ehemann gut zur Seite gestanden. Ja, heute sieht man meistens andere Frauenfotos in den Medien. Die Bescheidenen halten sich zurück.<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße<br /> <br /> <br /> Joachim<br /> <br /> <br /> <br />
K
<br /> Hallo Joachim,<br /> <br /> <br /> danke für diese interessante Geschichte. Mich interessiert es umso mehr, da ich Friedland gut kenne und oft dort bin. Ich werde mal die Leute danach fragen, ob sie überhaupt wissen, was für eine<br /> tolle Frau Friedericke Krüger war und dass sie ein Kind Friedlands ist.<br /> <br /> <br /> Schade, dass sich die Lychener Bürger gegen den Strassennamen entschieden haben. Die Frau hätte es verdient!<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße, Katharina<br />
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A
<br /> <br /> Hallo Katharina,<br /> <br /> <br /> sollte das Geburtshaus von Friederike Krüger in Friedland nicht im Krieg abgebrannt sein, müsste dort auch die Gedenktafel dran sein. Der Straßenname ist geblieben. Ich habe das im Artikel nach<br /> Deinem Kommentar noch vermerkt. Vielen Dank. Vielleicht habe ich mich am Schluss zu ungenau ausgedrückt. vernünftig war natürlich, dass der Name blieb.<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße<br /> <br /> <br /> Joachim<br /> <br /> <br /> <br />