Die Gründung der Stadt Lychen

Veröffentlicht auf von anais

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Älteste Stadtansicht um 1650. Nach einem Stich von Merian.

 

Wegen der strategisch günstigen Insellage inmitten von Seen übertrug Markgraf Johann I. von Brandenburg seinen Getreuen Daniel und Eberhard von Parvenitz die Aufgabe, hier eine befestigte Stadt zu gründen, um die Uckermark an der nordwestlichen Grenze zu Mecklenburg zu sichern. Die Gründungsurkunde ist auf den 23. Januar 1248 datiert. Sie ist die einzige urkundlich nachweisbare Stadtgründung der Askanier in der Uckermark. Beide Lokatoren (Gründer) hatten nun die Aufgabe, Siedler aus westlich der Elbe gelegenen Gebieten, vor allem aus der Altmark und dem Harz, zu werben. Landarmen Bauern und Bürgern aus jenen Landstrichen wurden dafür besondere Privilegien eingeräumt:

- Steuerfreiheit für 6 Jahre (Befreiung von den 3 brandenburgischen Golddenaren, die Ackerbau betreibende Bürger sonst bezahlen mussten),

- Fischereirecht auf den Gewässern,

- 1 Hausplatz mit Holz zum Bauen und Heizen,

- 40 Morgen Ackerland.

In diesen sechs steuerfreien Jahren mussten die Siedler ihre Felder urbar machen, ihre Häuser bauen und die Stadt befestigen. Trotz der Insellage bestand die Pflicht der Stadtbefestigung. Das war zuerst nur ein Wall mit Palisaden, in den Erdboden gerammte Pfähle von ca. 3,5 Metern Länge.

Ab 1250 wurde die für die damaligen Verhältnisse mächtige Stadtkirche als Wehrkirche und Fliehburg aus Feldsteinen errichtet. Der Bau dauerte ca. 50 Jahre. Eigens dazu berief der Landesherr als Patron der Kirchen Steinmetze aus dem niedersächsisch-braunschweigischen Raum ins Land. Die Kirche wurde im gotischen Stil errichtet.

Erst später, zwischen 1302 und 1350 bauten die Lychener Ackerbürger die 6 Meter hohe Stadtmauer und Anfangs nur zwei Stadttore, das Fürstenberger und das Stargarder Tor - ebenfalls aus Feldsteinen.Nur aus den Richtungen Fürstenberg/Havel und Stargard/ Mecklenburg war Lychen zu Land direkt erreichbar. Im Süden, am Stadtsee, wurde ein kleines Tor, die Waschpforte, eingebaut. Das Templiner Tor aus Backsteinen konnte erst Anfang des 15. Jahrhunderts errichtet werden. als die beiden ehemals zusammenhängenden Seen, der Stadtsee und der Oberpfuhl durch einen Damm getrennt wurden und eine Straße in Richtung Templin angelegt werden konnte.

Im Landbereich wurde vor der Stadtmauer der Stadtgraben (6 Meter breit und 1,8 Meter tief) ausgehoben und davor ein Wall aufgeschüttet.

Innerhalb der Stadtanlage gab es 12 öffentliche Brunnen. Die Häuser der Ackerbürger waren aus Holz und Lehm, Fachwerkbauten, mit Ried und Stroh gedeckt. Bestens geeignet für spätere verheerende Brände.

Entweder am heutigen Marktplatz oder am Rande der Fürstenberger Straße stand ein Schloss als Sitz des Stadtvogtes, denn als unmittelbar dem Landesherren unterstellte Stadt (Immediat-Stadt) wurde Lychen auch die Gerichtsbarkeit über die "Terra Lychen" übertragen.

Außerhalb der Stadtmauer, in der Nähe des Fürstenberger und des Stargarder Tores wurden zwei Hospitäler, das St. Getrauden- und und das St. Georgshospital und innerhalb des Ortes das St. Spiritus-Hospital eingerichtet.

Lychen hatte Münzrecht und ein Siegel mit der Aufschrift "Sigillum Civitatis Lichen". Wo die Münze gestanden hat ist nicht bekannt. Einige Münzen sind im Dessauer Münzkabinett aufbewahrt.   

Veröffentlicht in Aus der Geschichte Lychens

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K
<br /> <br /> Hallo Joachim, das ist ein sehr schöner Bericht über Deine Heimatstadt. Ich muß doch einmal nach Lychen kommen und mir das selbst anschauen. Wenn ich so darüber nachdenke, was die Menschen damals<br /> alles in diesen sechs Jahren erarbeiten mußten, Respekt! Wir bauen nun ja auch schon vier Jahre und haben wesentlich bessere Werkzeuge und Hilfsmittel. Ich denke oft daran wenn ich vor einem<br /> altem Bauwerk stehe, wie z. B. der Kölner Dom. Was haben die Menschen da geschuftet! Generationen hat das gedauert. Ich habe große Achtung davor.<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße, Katharina <br /> <br /> <br /> <br />
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A
<br /> <br /> Hallo Katharina! Wir können und heute kaum vorstellen, mit welcher Ausdauer und sicherlich auch Disziplin die Bürger damals in gemeinnütziger, kommunaler Arbeit all das geschaffen haben.<br /> Allerdings waren sie auch mehrere Tage in der Woche dazu verpflichtet. Hat ja auch ziemlich lange gedauert. Heute muss alles schneller gehen.<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße<br /> <br /> <br /> Joachim<br /> <br /> <br /> <br />
M
<br /> <br /> Ist das das Bild, das im Rathaus mal an der Wand hing ?<br /> <br /> <br /> <br />
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A
<br /> <br /> Hallo Martin! Im Rathaus an der Wand hägt immer noch dieses Bild im Großformat und koloriert. Die Sticher wurden wesentlich später angefertigt als die aufgezeichneten Skizzen vor Ort. Merian hat<br /> das nämlich in ganz Deutschland von seinen Zeichnern machen lassen.<br /> <br /> <br /> Ich hoffe, es geht Euch gut und Ihr seid alle gesund!<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße<br /> <br /> <br /> Joachim<br /> <br /> <br /> <br />
R
<br /> <br /> Ich bin immer wieder erstaunt, welch riesige Analgen, sei es um die Stadt herum, sei es in der Stadt, die Menschen damals mit ihren einfachen Werkzeugen erstellt haben. Ich glaube, da<br /> muss man große Ehrfurcht vor haben. Es ist schön, die eigene Geschichte auf zu decken. Eine gute Grundlage<br /> <br /> <br /> Mit Grüßen aus dem traurigen Tal<br /> <br /> <br /> RE<br /> <br /> <br /> <br />
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A
<br /> <br /> Hallo RE! Das ist bewundernswert, wenn man bedenkt, dass diese gewaltigen Steinmassen auf Pferdewagen transportiert und per Hand an Ort und Stelle gelegt und bearbeitet wurden. Das hat allerdings<br /> auch ca. 100 Jahre gedauert, bis die Anlagen fertig waren.<br /> <br /> <br /> Liebe Grüße<br /> <br /> <br /> Joachim<br /> <br /> <br /> <br />